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Anonym: Edda

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Den Sonnenhirsch sah ich   von Süden kommen

Von Zwein am Zaum geleitet;
Auf dem Felde standen   seine Füße,
Die Hörner hob er zum Himmel.

56
Von Norden ritten   der Nüchternheit Söhne;

Ihrer sieben sah ich.
Volle Hörner hoben sie   des herlichen Meths
Aus des guten Gottes Brunnen.

57
Der Wind schwieg,   die Waßer stockten:

Da hört ich kläglichen Klang.
Aus allen Kräften   eifrige Weiber
Malten das Müll zum Mal.

58
Triefende Steine   sah ich die traurigen Weiber

Übel handhaben;
Blutige Herzen   hingen von ihren Brüsten
Zu langem Leide nieder.

59
Viel Männer sah ich   matt von Wunden

Auf den glühenden Gaßen.
Ihr Angesicht   dauchte mich immerdar
Roth von rauchendem Blut.

60
Viele sah ich   der Erde befohlen

Ohne das letzte Geleit;
Heidnische Sterne   umstanden ihr Haupt
Von Todesstäben getroffen.

61
Manche sah ich da,   die der Missgunst sich

Um Anderer Glück ergeben,
Blutge Runen   standen auf ihrer Brust
Vermerkt des Meines halb.

62
Manchen sah ich da,   der weglos muste

In der Oede traurig irren.
Der Lohn wird dem,   der dieser Welt
Eitelkeit sich äffen läßt.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 327. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/335&oldid=- (Version vom 31.7.2018)