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Anonym: Edda

23
Die Hülle trugen sie   auf heimlichen Wegen

Und bargen im Brunnen die Stücken.
Sie wollten es hehlen;   der Herr aber sahs,
Der heilige, himmelhernieder.

24
Die Seele lud er,   der süße Gott,

In seine Freuden zu fahren;
Doch mag er wohl säumig   die Mordgesellen
Ihres langen Leids erledigen.

25
Die Disen bitte,   die Bräute des Himmels,

Dir holdes Herz zu hegen:
Deinen Wünschen werden sie   in kommenden Wochen
Alles zu Liebe lenken.

26
Das Werk des Unmuths,   das auf dir lastet,

Büße nicht Böses häufend.
Liebesthat versöhne   den Schwerverletzten:
Das, sagt man, frommt der Seele.

27
Um Gnadengaben   flehe zu Gott,

Dem mächtigen, der uns Menschen schuf;
Übels viel   befährt der Mann,
Der seinen Vater versäumt.

28
Mit brünstigem Flehn   erbitte dir

Wes du dich bedürftig dünkst.
Wer nichts erbittet   dem bietet man nichts:
Wer ersinnt des Schweigenden Schäden?

29
Spät komm ich gefahren,   frühe beschieden

Vor des Fürsten Thüre.
Da erhoff ich,   was mir verheißen ist:
Kost erlangt wer verlangt.

30
Die Sünden sind Schuld,   daß wir trauernd scheiden

Aus dieser Welt des Wehs.
Niemand fürchte sich,   der nichts verbrach:
Ein reines Herz errettet.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 323. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/331&oldid=- (Version vom 31.7.2018)