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Anonym: Edda

15
Übermuthes   soll sich Keiner vermeßen:

Des ward ich wohl gewahr,
Denn abgefallen   sind allermeist
Von Gott, die sich ihm ergaben.

16
Reich und mächtig waren   Radey und Webogi,

Lustig zu leben allein bedacht;
Von Feuer zu Feuer   nun sieht man sie fahren,
Die schnöden Geschwüre zu bähen.[WS 1]

17
Sie hofften nur auf sich   und dauchten sich hoch

Über alle Sterblichen;
Aber den Lauf   wies ihrem Looße
Anders der Allmächtige.

18
Sie lebten nach Lust   und Laune dahin

Und sparten im Spiele das Gold nicht:
Das büßen nun beide,   da sie bettelnd wechseln
Zwischen Frost und Feuer.

19
Dem Abgünstigen   traue nicht allzuviel

Wie süß er red und raune.
Heuchl ihm Freundschaft:   fremden Trug
Laßen wir weislich uns warnen.

20
So erging es   Sörli dem guten,

Als er sich in Wigolfs Gewalt gab:
Er traut’ ihm treulich;   doch Jener trog ihn,
Der seinen Bruder erschlagen.

21
Er gewährt’ ihnen Frieden   als wär es von Herzen;

Man verhieß ihm Gold dagegen.
Sie schienen versöhnt   beim süßen Meth;
Noch kam der Falsch nicht zum Vorschein.

22
Aber darauf   am andern Tag

Als sie Rygiarthal erritten,
Mit Schwertern erschlugen sie   den Schuldlosen
Und ließen sein Leben schwinden.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. bähen – wärmen und trocknen (DWB)
Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 322. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/330&oldid=- (Version vom 18.8.2016)