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Anonym: Edda

Auf Stärke sahst du   und schönes Antlitz;
Achtetest ihrer   Abkunft nicht.

9
„Hart war Hrungnir   und hart sein Vater,

Doch stärker als sie   scheint mir Thiassi.
Idi und Örnir sind   unsere Väter,
Der Bergriesen Brüder,   die uns beide zeugten.

10
„Nicht wär Grotti gekommen   aus grauem Felsen,

Nicht der schwere Schrotstein   aus dem Schooß der Erde,
Nicht rührte den Mandel   des Bergriesen Tochter,
Wäre das Wem   der Menschen bewust.

11
„Wir waren Gespielen   neun Winter lang,

Da unter der Erde   man uns erzog:
Da übten wir Mägde   schon manche Großthat,
Faßten Felsen   sie fort zu rücken.

12
„Wir wälzten die Steine   zu den Riesenwohnungen:

Die Erd im Grunde   begann zu zittern.
Wir stießen und stürzten   den Stein, daß er ächzte,
Die ragende Felswand   ward Menschen erreichbar.

13
„Seitdem geschahs,   daß in Schweden wir

Vorwißende Frauen   die Heerschar führten,
Bären birschten,   Schilde brachen,
Entgegen gingen   grau geschientem Heer.
Wir stürzten Stammfürsten,   stützten Andre:
Gutthorm dem guten   gaben wir Beistand,
Feierten nicht früher   bis Knui fiel.

14
„Solcherlei schufen wir   Sommer und Winter

Bis wir als Kämpen   wurden bekannt.
Mit scharfen Speren   schlugen wir Wunden
In Fleisch und Gebein   und färbten die Klingen.

15
„Nun sind wir gekommen   zu des Königs Haus

Und werden unmenschlich   als Mägde behandelt:
Grus frißt die Sohlen   und Kälte die Glieder;
Wir malen dem Feinde:   schlimm ists bei Frodi.


Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 315. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/323&oldid=- (Version vom 18.8.2016)