Anonym: Edda | |
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Loki griff ihn mit den Händen und heischte von ihm zum Lösegeld alles Gold, das er in seinem Felsen hatte. Und als sie in den Felsen kamen, trug der Zwerg alles Gold hervor, das er hatte, und war das ein gar großes Gut. Da verbarg der Zwerg unter seiner Hand einen kleinen Goldring: Loki sah es und gebot ihm, den Ring herzugeben. Der Zwerg bat, ihm den Ring nicht abzunehmen, weil er mit dem Ringe, wenn er ihn behielte, sein Gold wieder vermehren könne. Aber Loki sagte, er solle nicht einen Pfennig übrig behalten, nahm ihm den Ring und ging hinaus. Da sagte der Zwerg, der Ring solle Jedem, der ihn besäße, das Leben kosten. Loki versetzte, das sei ihm ganz recht und es solle gehalten werden nach seiner Voraussage; er werde es aber dem schon zu wißen thun, der ihn künftig besitzen solle. Da fuhr er zurück zu Hreidmars Hause und zeigte Odhin das Gold, und als er den Ring sah, schien er ihm schön; er nahm ihn vom Haufen und gab das übrige Gold dem Hreidmar. Da füllte er den Otterbalg so dicht er konnte und richtete ihn auf als er voll war. Da ging Odhin hinzu und sollte ihn mit dem Golde hüllen. Als er das gethan hatte, sprach er zu Hreidmar, er solle zusehen ob der Balg gehörig gehüllt sei. Hreidmar ging hin und sah genau zu, und fand ein einziges Barthaar und gebot auch das zu hüllen, denn sonst war ihr Vertrag gebrochen. Da zog Odhin den Ring hervor, hüllte das Barthaar, und sagte, hiemit habe er sich nun der Otterbuße entledigt. Und als Odhin seinen Sper genommen hatte, und Loki seine Schuhe, daß sie sich nicht mehr fürchten durften, da sprach Loki, es sollte dabei bleiben, was Andwari gesagt hatte, daß der Ring und das Gold dem Besitzer das Leben kosten solle, und so geschah es seitdem. Darum heißt das Gold Otterbuße und der Asen Nothgeld.
Als Hreidmar das Gold zur Sohnesbuße empfangen hatte, verlangten Fafnir und Regin ihren Theil davon zur Brudersbuße; aber Hreidmar gönnte ihnen nicht einen Pfennig davon. Da kamen die Brüder überein, ihren Vater des Goldes wegen zu tödten. Als das geschehen war, verlangte Regin, daß Fafnir das Gold zur Hälfte mit ihm theilen sollte. Fafnir antwortete, es sei wenig Hoffnung, daß er das Gold mit seinem Bruder theilen werde, da er seinen Vater um das Gold erschlagen habe, und gebot ihm, sich fortzumachen, denn sonst würde es ihm ergehen, wie dem Hreidmar. Fafnir hatte das Schwert Hrotti und den Helm, den Hreidmar beseßen hatte, genommen, und den auf sein Haupt gesetzt. Dieser Helm hieß Ögishelm und war allen Lebendigen ein Schrecken zu schauen. Regin hatte das Schwert, das Refil hieß: damit entfloh er; Fafnir fuhr auf die Gnitahaide, machte sich da ein Bette, nahm Schlangengestalt an und lag auf dem Golde.
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 308. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/316&oldid=- (Version vom 18.8.2016)