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Anonym: Edda

der Himmel: da kommen Muspels Söhne hervorgeritten. Surtur fährt an ihrer Spitze, vor ihm und hinter ihm glühendes Feuer. Sein Schwert ist wunderscharf und glänzt heller als die Sonne. Indem sie über die Brücke Bifröst reiten, zerbricht sie, wie vorhin gesagt ward. Da ziehen Muspels Söhne nach der Ebne, die Wigrid heißt; dahin kommt auch der Fenriswolf und die Midgardschlange, und auch Loki wird dort sein und Hrymr und mit ihm alle Hrimthursen. Mit Loki ist Hels ganzes Gefolge und Muspels Söhne haben ihre eigene glänzende Schlachtordnung. Die Ebne Wigrid ist hundert Rasten breit nach allen Seiten.

Und wenn diese Dinge sich begeben, erhebt sich Heimdall und stößt aus aller Kraft ins Giallarhorn und weckt alle Götter, die dann Rath halten. Da reitet Odhin zu Mimirs Brunnen und holt Rath von Mimir für sich und sein Gefolge. Die Esche Yggdrasil bebt und Alles erschrickt im Himmel und auf Erden. Die Asen wappnen sich zum Kampf und alle Einherier eilen zur Walstatt. Zuvorderst reitet Odhin mit dem Goldhelm, dem schönen Harnisch und dem Spieß, der Gungnir heißt. So eilt er dem Fenriswolf entgegen, und Thor schreitet an seiner Seite, mag ihm aber wenig helfen, denn er hat vollauf zu thun, mit der Midgardschlange zu kämpfen. Freyr streitet wider Surtur und kämpfen sie ein hartes Treffen bis Freyer erliegt, und wird das sein Tod, daß er sein gutes Schwert misst, das er dem Skirnir gab. Inzwischen ist auch Garm, der Hund, losgeworden, der vor der Gnipahöhle gefeßelt lag: das giebt das gröste Unheil, da er mit Tyr kämpft und Einer den Andern zu Falle bringt. Dem Thor gelingt es, die Midgardschlange zu tödten; aber kaum ist er neun Schritte davongegangen, so fällt er todt zur Erde von dem Gifte, das der Wurm auf ihn gespieen hat. Der Wolf verschlingt Odhin und wird das sein Tod. Alsbald kehrt sich Widar gegen den Wolf und setzt ihm den Fuß in den Unterkiefer. An diesem Fuße hat er den Schuh, zu dem man alle Zeiten hindurch sammelt, die Lederstreifen nämlich, welche die Menschen von ihren Schuhen schneiden, wo die Zehen und Fersen sitzen. Darum soll diese Streifen ein Jeder wegwerfen, der darauf bedacht ist, den Asen zu Hülfe zu kommen. Mit der Hand greift Widar dem Wolf nach dem Oberkiefer und reißt ihm den Rachen entzwei und wird das des Wolfes Tod. Loki kämpft mit Heimdall und erschlägt Einer den Andern. Darauf schleudert Surtur Feuer über die Erde und verbrennt die ganze Welt. So heißt es in der Wöluspa:


Ins erhobne Horn   bläst Heimdall laut;
Odhin murmelt   mit Mimirs Haupt.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 292. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/300&oldid=- (Version vom 31.7.2018)