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Anonym: Edda

Da hörten sie groß Geräusch und Getöse. Und als der Tag anbrach, ging Thor hinaus und sah da einen Mann nicht weit von ihm im Walde liegen, der war nicht klein; er schlief und schnarchte gewaltig. Da glaubte Thor zu verstehen, welchen Lärm er in der Nacht gehört hatte und umspannte sich mit den Stärkegürteln. Da wuchs ihm die Asenstärke. Indem erwachte der Mann und stand hastig auf. Und da wird gesagt, daß Thor dieß eine Male nicht gewagt habe, mit dem Hammer nach ihm zu schlagen. Er fragte ihn aber nach seinem Namen und er nannte sich Skrymir. Und nicht brauche ich, sagte er, dich um deinen Namen zu fragen: ich weiß, daß du Asathor bist. Aber wohin hast du meinen Handschuh geschleppt? Da streckte Skrymir den Arm aus und hob seinen Handschuh auf. Nun sah Thor, daß er den in der Nacht zur Herberge gehabt, und der Anbau war der Däumling des Handschuhs gewesen. Skrymir fragte, ob ihn Thor zum Reisegefährten haben wolle, und Thor bejahte es. Da fing Skrymir an, seinen Speisesack zu lösen und gab sich dran, sein Frühstück zu verzehren, und Thor seinerseits that mit seinen Gefährten ein Gleiches. Skrymir schlug vor, ihren Speisevorrath zusammenzulegen und Thor willigte ein. Da knüpfte Skrymir all ihr Eßen in einen Bündel und legte ihn auf seinen Rücken. Er ging den Tag über voran und stieg große Schritte; am Abend aber suchte er ihnen Nachtherberge unter einer mächtigen Eiche. Da sprach Skrymir zu Thor, er wolle sich schlafen legen: nehmt ihr den Speisebündel und bereitet euch ein Nachtmal. Darauf schlief Skrymir ein und schnarchte mächtig und Thor nahm den Speisebündel und wollte ihn öffnen, und das ist zu berichten, wie unglaublich es dünken möge, daß er keinen Knoten losbrachte: auch nicht Einer der zusammengeknüpften Riemen ward loser. Und als er sah, daß seine Arbeit nicht fruchtete, ward er zornig, faßte seinen Hammer Miölnir in beide Hände, schritt mit Einem Fuß dahin vor, wo Skrymir lag, und schlug ihn auf das Haupt. Und Skrymir erwachte und frug, ob ihm ein Blatt von dem Baum auf den Kopf gefallen sei? Auch fragte er, ob sie jetzt gegeßen hätten und bereit wären, sich zur Ruhe zu begeben? Thor antwortete, sie wollten eben schlafen gehen. Sie gingen unter eine andere Eiche, wagten es aber, die Wahrheit zu sagen, nicht zu schlafen. Aber um Mitternacht hörte Thor den Skrymir im Schlafe so laut schnarchen, daß der Wald widerhallte. Da stand er auf und ging zu ihm, schwang den Hammer hastig und heftig und schlug ihn mitten auf den Wirbel, so daß er merkte, wie das Hammerende ihm tief ins Haupt sank. In dem Augenblick erwachte Skrymir und fragte: Was ist mir? Ist mir eine Eichel auf den Kopf gefallen? Oder was ist mit dir, Thor?

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Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 279. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/287&oldid=- (Version vom 31.7.2018)