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Anonym: Edda

darüber, der von dem Gifte kam und gefror zu Eis, und so legte eine Eislage sich über die andere bis in Ginnungagap. Da sprach Jafnhar: Die Seite von Ginnungagap, welche nach Norden gerichtet ist, füllte sich an mit einem schweren Haufen Eis und Schnee und darin herschte Sturm und Ungewitter; aber der südliche Theil von Ginnungagap war milde von den Feuerfunken, die aus Muspelheim herüberflogen. Da sprach Thridi: So wie die Kälte von Niflheim kam und alles Ungestüm, so war die Seite, die nach Muspelheim sah, warm und licht, und Ginnungagap dort so lau wie windlose Luft, und als die Glut auch dem Reif begegnete also daß er schmolz und sich in Tropfen auflöste, da erhielten die Tropfen Leben durch die Kraft dessen, der die Hitze sandte. Da entstand ein Menschengebild, das Ymir genannt ward; aber die Hrimthursen (Frostriesen) nennen ihn Örgelmir, und von ihm kommt das Geschlecht der Hrimthursen, wie es in der kleinen Wöluspa heißt:


Von Widolf stammen   die Walen alle,
Alle Zauberer sind   Wilmeidis Erzeugte,
Die Sudkünstler stammen   von Swarthöfdi,
Aber von Ymir   alle die Riesen.


und der Riese Wafthrudnir sagt auf die Frage:


Woher Örgelmir kam   den Kindern der Riesen
Zuerst, der allwißende Jote?


als


Aus den Eliwagar   fuhren Eitertropfen
Und wuchsen bis ein Riese ward.
Unsre Geschlechter   kamen alle daher:
Drum sind sie unhold immer.


Da fragte Gangleri: Wie wurden die Geschlechter von ihm ausgebreitet? oder wie geschahs, daß mehre geschaffen wurden? Oder hältst du ihn für einen Gott, von dem du gesprochen hast? Da antwortete Har: Wir halten ihn mit nichten für einen Gott: er war böse wie alle von seinem Geschlecht, die wir Hrimthursen nennen. Es wird erzählt, als er schlief fing er an zu schwitzen: da wuchs ihm unter seinem linken Arm Mann und Weib und sein einer Fuß zeugte einen Sohn mit dem anderen. Und von diesen kommt das Geschlecht der Hrimthursen; den alten Hrimthurs aber nennen wir Ymir.

6. Da fragte Gangleri: Wo wohnte Ymir? oder wovon lebte er? Har antwortete: Als das Eis aufthaute und schmolz, entstand die Kuh,

Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 252. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/260&oldid=- (Version vom 31.7.2018)