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Anonym: Edda

8
Den Atli zu strafen   erschlugst du den Erp

Und Eitil dazu;   aber am Meisten
Schmerzt' es dich selber.   So sollte doch
Ein Jeder gebrauchen   des durchbohrenden Schwertes
Andern zu schaden,   sich selber nicht.

9
Sörli sprach da   aus weisem Sinn:

Nicht will ich Worte   wechseln mit der Mutter;
Doch Eins gebricht   an euern Reden:
Was verlangst du, Gudrun,   das du vor Leid nicht sagst?

10
Du beklagst die Brüder   und die holden Kinder

Und spornst zu Streit   die Spätgebornen.
Du wirst dich, Gudrun,   um uns auch grämen,
Wenn wir fern im Gefecht   von den Rossen fielen. —

11
Unwirsch ritten sie   aus dem Hofe.

Die thauigen Thäler   durchtrabten die Jünglinge
Auf hunnischen Mähren   den Mord zu rächen.

12
Sie fanden Erp   auf ihrem Wege,

Der kühn auf dem Rücken   des Rosses spielte.
„Was hilft es, dem Blöden   die Bahnen zu weisen?“
Sie schalten den edeln   unehlich geboren.

13
Sie fragten den tapfern,   da sie ihn trafen:

„Was würdest du fuchsiger   Zwerg uns frommen?“

14
Erp gab zur Antwort,   andrer Mutter Sohn:

„So will ich Beistand   euch beiden leisten
Wie eine Hand   der andern hilft,
Wie Fuß dem Fuß   den Freunden helfen.“

15
„Was frommt der Fuß   dem Fuße wohl?

Mag eine Hand   der Andern helfen?“

16
Aus der Scheide rißen sie   die scharfe Klinge,

Mit dem harten Eisen   Hel zu erfreun.
Sie schwächten die Stärke   sich selbst um ein Drittel,
Da ihr junger Bruder   zu Boden stürzte.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 244. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/252&oldid=- (Version vom 31.7.2018)