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Anonym: Edda

98
Jener Hunnische starb,   mein Stand ward geniedert;

Herb war der Jungen Harm   verwittwet zu heißen:
Doch härtere Qual wars,   in Atlis Haus zu kommen
Der Vermählten des Mannes,   den zu missen schwer war.

99
Nie kamst du vom Kampf,   daß uns Kunde ward,

Du habest Streit gesucht   und Sieg dir erfochten.
Stäts wolltest du weichen,   nicht Widerstand thun,
Dich heimlich halten   was Hohn schuf dem Fürsten.


Atli.
100
Nun lügst du, Gudrun!   So linderst du nicht

Unser herbes Geschick,   das hart ist beiden.
Gönne nun, Gudrun,   durch deine Güte
Uns die letzte Ehre   beim Leichenbegängniss.


Gudrun.
101
Einen Kiel will ich kaufen   und gemalte Kiste,

Das Leintuch wächsen,   das den Leib verhülle,
Auf alle Nothdurft achten   als ob wir uns liebten. —

102
Todt war nun Atli,   die Freunde trauerten.

Da hielt die Hohe   alle Verheißung.
Nun sann sich Gudrun   selber zu tödten;
Doch gelängt war ihr Leben,   andrer Tod ihr verliehn.

103
Selig heißt seitdem   dem solch eine kühne

Tochter gegönnt ist,   wie Giuki zeugte.
In allen Landen   überleben wird
Der Vermählten Feindschaft,   wo sie Menschen hören.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 239. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/247&oldid=- (Version vom 31.7.2018)