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Anonym: Edda

Atli.
90
Zum Mord riß dich Wuth,   zum widernatürlichen.

Falsch ists, den Freund täuschen,   der fest vertraut.

91
Erbeten fuhr ich   dich zu freien von Haus,

Die verwaiste Wittwe,   die wildherzig hieß:
Keine Lüge war es,   das ließest du schauen.
Wir holten dich ein   mit großem Heergeleit.
Alles war auserwählt   bei unsrer Fahrt.

92
Aller Pracht war genug   durch preiswerthe Gäste,

Rinder in Vorrath,   die uns reichlich nährten.
Fülle war und Überfluß,   Viele genoßen es.

93
Zum Mahlschatz vermacht ich dir   Menge des Schatzes,

Knechte zehnmal drei,   und zierer Mägde sieben,
Ein schön Geschenk;   des Silbers war viel mehr.

94
Das nahmst du Alles hin   als wär es nichts

Nach dem Lande verlangend,   das Budli mir ließ.
Fallstricke flochst du mir,   ich empfing nichts Andres.
Die Schwieger ließest du   oft sitzen in Thränen;
Heiter hielten wir   niemals Haus.


Gudrun.
95
Nun lügst du, Atli!   Doch laß ichs bewenden.

Selten war ich sanft;   doch sätest du Zwist.
Unbändig strittet   ihr jungen Brüder,
Daß zu Hel die Hälfte   deines Hauses fuhr:
Zu Grunde ging Alles   was Glück bringen sollte.

96
Wir drei Geschwister   dauchten unbezwinglich;

Wir fuhren von Lande   in Sigurds Gefolge,
Schweiften und steuerten,   sein Schiff ein Jeder,
Auf unsichern Ausgang   ins östliche Land.

97
Einen Fürsten fällten wir;   uns fiel sein Land zu.

Die Hersen huldigten:   wir waren die Herrn.
Nach Willkür riefen wir   aus dem Wald Verbannte,
Gaben dem die Macht,   der keinen Deut besaß.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 238. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/246&oldid=- (Version vom 31.7.2018)