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Anonym: Edda

15
Lichte Lohe sah ich   dein Laken verzehren:

Hoch hob sich die Flamme   meine Halle durchglühend.


Högni.
16
Hier liegt Leinwand,   die ihr längst nicht mehr achtet:

Wie bald verbrennt sie!   Bettzeug schien dir das.


Kostbera.
17
Ein Bär brach hier ein,   der uns die Bänke verschob

Mit kratzenden Krammen:   wir kreischten laut auf.
In den Rachen riß er uns;   wir rührten uns nicht mehr.
Traun, das Getöse   tobte nicht schlecht.


Högni.
18
Ein Ungewitter   kommt über uns:

Ein Weißbär schien dir   der Wintersturm.


Kostbera.
19
Einen Adler sah ich schweben   all den Saal uns entlang.

Das büßen wir bald:   mit Blut beträuft’ er uns;
Sein ängstendes Antlitz   schien mir Atlis Hülle.


Högni.
20
Wir schlachten bald:   da muß Blut wohl fließen;

Ochsen bedeutets oft,   wenn man von Adlern träumt.
Treue trägt uns Atli   was dir auch träumen mag. —
Sie ließen es beruhn;   alle Rede hat ein Ende.

21
Das Königspaar erwachte:   da kam es auch so.

Glaumwör gedachte   bedeutender Träume,
Die Gunnarn hin und her   hinderten zu fahren.


Glaumwör.
22
Einen Galgen glaubt ich dir   Gunnar gebaut.

Nattern nagten dich   und noch lebtest du.
Die Welt ward mir wüst:   was bedeutet das?

23
Aus der Brünne blinkte   ein blutig Eisen;

Hart ist, solch Gesicht   dem Geliebten sagen.
Der Geer ging dir   ganz durch den Leib
Und Wölfe heulen   hört ich zu beiden Seiten.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 229. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/237&oldid=- (Version vom 31.7.2018)