Anonym: Edda | |
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Vergönnte das Graunbild günstige Deutung!
Ich wähnte dich, Gudrun, Giukis Tochter,
Mir die Brust durchbohren mit blankem Dolch.
Holde Heimlichkeit der Hausfrau Zorn.
Ich brenne dir bald ein böses Geschwür aus,
Ich heile und lindre, wie leid du mir seist.
Die ich da wachsen laßen wollte.
Entrauft mit der Wurzel, geröthet im Blut
Und aufgetragen, daß ich sie äße.
Ohne Atzung, dem Untergang zu.
Ihre Herzen wähnt ich mit Honig zu eßen
Sorgenschwer, geschwollen von Blut.
Ich hörte sie harmvoll heulen und wimmern.
Ihr Fleisch, fürcht ich, war faul geworden:
Mit Ekel aß ich von dem Aase da.
Den Lichtgelockten die Häupter lösen:
Sie werden erschlagen nach wenig Nächten,
Kurz vor Tag, und aufgetischt. —
Trotzig im Bette: thun will ich so.
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 213. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/221&oldid=- (Version vom 31.7.2018)