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Anonym: Edda

7
Gunnar hing das Haupt;   doch Högni sagte

Mir meines Sigurd   mordlichen Tod:
Jenseits des Stroms (Rheins)   erschlagen liegt er,
Den Guthorm fällte,   zum Fraß den Wölfen.

8
Sieh den Sigurd   gegen Süden dort,

Höre Krähen   krächzen und Raben,
Adler jauchzen   der Atzung froh,
Und Wölfe heulen   um deinen Helden. —

9
„Wie hast du mir, Högni,   des Harms soviel,

Dem wonnewaisen   Weibe gesagt?
Daß Raben und Falken   das Herz dir zerführten
Weiter über Land   als du Leute kennst!“

10
Högni antwortete   mit einem Mal

Des sanften Sinnes   mit Schmerz beraubt:
„Das gäbe dir, Gudrun,   erst Grund zu weinen,
Wenn Mir auch die Raben   zerrißen das Herz!“

11
Vor ihrem Anblick   einsam ging ich da,

Die Brocken zu lesen   von der Wölfe Leichenschmaus.
Ich schluchzte nicht,   noch schlug ich die Hände,
Brach nicht in Klagen aus   wie Brauch ist der Frauen,
Da ich schmerzvoll saß   über Sigurden.

12
Die Nacht dauchte mich   Neumonddunkel,

Da ich sorgend saß   über Sigurds Leiche.
Viel sanfter würden   die Wölfe mir scheinen,
Ließen sie mich   das Leben missen,
Oder brennte man mich   wie Birkenholz.

13
Ich fuhr aus dem Forst;   nach der fünften Nacht

Naht ich den hohen   Hallen Alfs.
Sieben Halbjahre   saß ich bei Thora,
Hakons Maid   in Dänemark.

14
In Gold stickte sie   mich zu zerstreuen

In deutschen Sälen   dänische Wikinge.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 209. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/217&oldid=- (Version vom 31.7.2018)