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Anonym: Edda

Die rothen Spangen   von Sigmunds Erben.
Nicht mocht ich eines andern   Mannes Schätze:
Den Einen liebt’ ich,   nicht Andre mehr;
Die Maid war nicht wankel-   müthigen Sinns.)

40
„Dieß Alles wird Atli   dereinst befinden,

Hört er von meinem   mordlichen Tod.
Denn wie soll ein edel   geartetes Weib
Das Leben führen   mit fremdem Manne?
Da wird mir bald   gebüßt das Leid.“

41
Auf stand Gunnar,   der Giukunge Trost,

Und schlang die Hände   um den Hals der Frau.
Sie gingen alle   und einzeln ein jeder
Aufrichtigen Herzens   ihr abzuwehren.

42
Doch sich vom Halse   hielt sie Gunnarn,

Ließ sich Niemand verleiden   den langen Gang.

43
Da hieß er den Högni   heischen zum Gespräche:

„Es sollen zusammen   in den Saal gehn die Männer,
Deine mit meinen — uns drängt die Noth —
Ob sie wehren mögen   dem Mord der Frau
Eh es vom Sprechen   zu Schlimmerm kommt;
Mag hernach geschehen   was muß und kann.“

44
Aber Högni   gab ihm zur Antwort:

„Verleid ihr Niemand   den langen Gang
Und werde sie nimmer   wiedergeboren!
Sie kam schon krank   vor die Kniee der Mutter;
Zu allem Bösen   geboren ist sie uns,
Manchem Manne   zu trübem Muthe!“

45
Unwillig wandt er   sich weg vom Gespräche,

Wo die Schmuckreiche   die Schätze vertheilte.
Da standen sie alle   um ihre Habe,
Bedürftige Dirnen   und Dienstweiber.

46
Der goldgepanzerten   war nicht gut zu Muth,

Da sie sich durchstach   mit des Stahles Schärfe.
Mit Einer Seite   sank sie aufs Polster;
Die dolchdurchdrungene   dacht auf Rath:

Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 197. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/205&oldid=- (Version vom 31.7.2018)