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Anonym: Edda

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„Grimmes sah ich,   Gunnar, im Schlaf:

Im Saal Alles todt,   ich schlief im kalten Bett,
Dieweil du, König,   kummervoll rittest
Die Feßel am Fuß   in der Feinde Heer:
So soll, Niflungen,   nun eur Geschlecht
Die Macht missen,   denn meineidig seid ihr.

16
„So gänzlich, Gunnar,   vergaßest dus,

Wie das Blut in die Fußspur   euch beiden rann!
Nun hast du das Alles   ihm übel gelohnt,
Daß der Fürst der Vorderste   stäts gefunden ward.

17
„Klar ward es erkannt,   da geritten kam

Zu Mir der Muthige,   mich dir zu werben,
Wie der Wehrscharweiser   wandellos
Die Eide hielt   dem jungen Helden.

18
„Das Schwert legte,   das goldgeschmückte,

Der mächtige König   mitten zwischen uns,
Mit Feuer außen   die Ecken belegt,
Mit Eitertropfen   innen bestrichen.“

19
Sie schwiegen Alle   still bei dem Wort.

Keinem gefiel   solcher Frauenbrauch,
Wie sie mit Weinen   von dem Werk nun sprach,
Zu dem sie lachend   die Helden lud.


Hier ist in dem Liede gesagt von dem Tode Sigurds. Und geht es hier so zu als hätten sie ihn draußen getödtet; aber Einige erzählen so, daß sie ihn erschlugen drinnen in seinem Bette, den schlafenden. Aber deutsche Männer sagen, daß sie ihn erschlugen draußen im Walde. Und so heißt es im alten Liede von Gudrun, daß Sigurd und Giukis Söhne zum Thing geritten waren, als sie ihn erschlugen. Aber das sagen Alle einstimmig, daß sie ihn treulos betrogen und ihn mordeten liegend und wehrlos.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 191. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/199&oldid=- (Version vom 31.7.2018)