Anonym: Edda | |
|
Ich will dir im Arme, Edling, schlafen,
Wie ich dem lebenden Könige lag.
Früh noch spät zu Sewafiöll,
Da du dem Entseelten im Arme schläfst
Im Hügel, holde Högnistochter,
Und bist lebendig, du Königsgeborne!
Den Flugsteg das fahle Ross zu führen.
Westlich muß ich stehn vor Windhelms Brücke
Eh Salgofnir krähend das Siegervolk weckt.
Helgi ritt seines Weges mit dem Geleit und die Frauen fuhren nach Hause. Den andern Abend ließ Sigrun die Magd Wache halten am Hügel. Aber bei Sonnenuntergang, als Sigrun zum Hügel kam, sprach sie:
Sigmunds Sohn aus den Sälen Odins.
Die Hoffnung ist hin auf des Helden Rückkehr,
Da auf Eschenzweigen die Aare sitzen
Und alles Volk zur Traumstätte fährt.
Skiöldungentochter, zu der Todten Hütten.
Stärker werden stäts in den Nächten
Der Helden Gespenster als am hellen Tage.
Sigrun lebte nicht lange mehr vor Harm und Leid. Es war Glauben im Altertum, daß Helden wiedergeboren würden; aber das heißt nun alter Weiber Wahn. Von Helgi und Sigrun wird gesagt, daß sie wiedergeboren wären: Er hieß da Helgi Haddingia-Held; aber Sie Kara, Halfdans Tochter, so wie gesungen ist in den Kara-Liedern; und war sie Walküre.
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 159. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/167&oldid=- (Version vom 31.7.2018)