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Anonym: Edda

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„So geh zur Schmiede,   die du mir schufest,

Da liegen die Bälge   mit Blut bespritzt.
Die Häupter schnitt ich   deinen Söhnen ab;
Unterm Feßeltrog   barg ich die Füße.

34
„Aber die Schädel   unter dem Schopfe

Schweift ich in Silber,   schenkte sie Nidudurn.
Aus den Augen macht ich   Edelsteine,
Sandte sie der falschen   Frauen Nidudurs.

35
„Aus den Zähnen   der Zweie dann

Bildet’ ich Brustgeschmeid   und sandt es Bödwilden.
Nun geht Bödwild   mit Kindesbürde,
Euer beider   einzige Tochter.“


Nidudur.
36
Nie sagtest du ein Wort,   das so mich betrübte,

Nie wünscht’ ich dich härter,   Wölundur, zu strafen.
Doch kein Mann ist so rasch,   der vom Ross dich nähme,
So geschickt kein Schütze,   der dich niederschöße
Wie du hoch dich   hebst zu den Wolken.

37
Lachend hob sich   in die Luft Wölundur;

Traurig Nidudur   schaut’ ihm nach:

38
„Steh auf, Thankrad,   meiner Thräle bester,

Bitte Bödwild,   die brauenschöne,
Daß die ringbereifte   mit dem Vater rede.

39
„Ist das wahr, Bödwild,   was man mir sagte:

Saßest du mit Wölundur   zusammen im Holm?“


Bödwild.
40
Wahr ist das, Nidudur,   was man dir sagte:

Ich saß mit Wölundur   zusammen im Holm,
Hätte nie sein sollen!   eine Angststunde lang.
Ich verstand ihm nicht   zu widerstehen,
Ich vermocht ihm nicht   zu widerstehen!

Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 132. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/140&oldid=- (Version vom 31.7.2018)