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Anonym: Edda

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Weiter ging Rigr   gerades Weges,

Kam an ein Haus,   halboffen die Thür.
Er ging hinein,   am Estrich glüht’ es;
Da saß ein Ehpaar   geschäftig am Werk.

15
Der Mann schälte   die Weberstange,

Gestrält[WS 1] war der Bart,   die Stirne frei.
Knapp lag das Kleid an,   die Kiste stand am Boden.

16
Das Weib daneben   bewand den Rocken

Und führte den Faden   zu feinem Gespinst.
Auf dem Haupt die Haube,   am Hals ein Schmuck,
Ein Tuch um den Nacken,   Nesteln an der Achsel:
Afi und Amma   im eigenen Haus.

17
Rigr wuste   den Werthen zu rathen;

Auf stand er vom Tische   des Schlafs begierig.
Da legt’ er zu beiden   ins Bette sich mitten,
Die Eheleute   zur Linken und Rechten.

18
Da blieb er drauf   drei Nächte lang;

(Dann ging er und wanderte   des Wegs inmitten.)
Darnach vergingen   der Monden neun.
Amma genas,   genetzt ward das Kind
Und Karl geheißen;   das hüllte das Weib.
Roth wars und frisch   mit funkelnden Augen.

19
Er begann zu wachsen   und wohl zu gedeihn:

Da zähmt’ er Stiere,   zimmerte Pflüge,
Schlug Häuser auf,   erhöhte Scheuern,
Führte den Pflug   und fertigte Wagen.

20
Da fuhr in den Hof   mit Schlüßeln behängt

Im Ziegenkleid   die Verlobte Karls;
Snör (Schnur) geheißen   saß sie im Linnen.
Sie wohnten beisammen   und wechselten Ringe,
Breiteten Betten   und bauten ein Haus.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. strählen – den Bart mit dem Kamm, der Bürste ordnen, kämmen (DWB)
Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/121&oldid=- (Version vom 18.8.2016)