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Anonym: Edda

22
Anhob da Thrym,   der Thursenfürst:

„Auf steht, ihr Riesen,   bestreut die Bänke,
Und bringet Freyja   zur Braut mir daher,
Die Tochter Niörds   aus Noatun.

23
„Heimkehren mit goldnen   Hörnern die Kühe,

Rabenschwarze Rinder,   dem Riesen zur Lust.
Viel schau ich der Schätze,   des Schmuckes viel:
Fehlte nur Freyja   zur Frau mir noch.“

24
Früh fanden Gäste   zur Feier sich ein,

Man reichte reichlich   den Riesen das Äl.
Thôr aß einen Ochsen,   acht Lachse dazu,
Alles süße Geschleck,   den Frauen bestimmt,
Und drei Kufen Meth   trank Sifs Gemahl.

25
Anhob da Thrym,   der Thursenfürst:

„Wer sah je Bräute   gieriger schlingen? –
Nie sah ich Bräute   so gierig schlingen,
Nie mehr des Meths   ein Mädchen trinken.“

26
Da saß zur Seite   die schmucke Magd,

Bereit dem Riesen   Rede zu stehn:
„Nichts genoß Freyja   acht Nächte lang
So sehr nach Riesenheim   sehnte sie sich.“

27
Kusslüstern lüftete   das Linnen der Riese;

Doch weit wie der Saal   schreckt’ er zurück:
„Wie furchtbar flammen   der Freyja die Augen!
Mich dünkt es brenne   ihr Blick wie Glut.“

28
Da saß zur Seite   die schmucke Magd,

Bereit dem Riesen   Rede zu stehn:
„Acht Nächte nicht   genoß sie des Schlafes
So sehr nach Riesenheim   sehnte sie sich.“

29
Ein trat die traurige   Schwester Thryms,

Die sich ein Brautgeschenk   zu erbitten wagte.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 85. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/093&oldid=- (Version vom 31.7.2018)