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Anonym: Edda

Niördr.
35
Des Schadens tröstet mich,   seit ich gesendet ward

Fernher als Geisel den Göttern,
Daß mir erwuchs der Sohn,   wider den Niemand ist,
Der für den Ersten der Asen gilt.


Loki.
36
Laß endlich, Niördr,   den Übermuth,

Ich hab es länger nicht Hehl:
Mit der eignen Schwester   den Sohn erzeugtest du,
Der eben so arg ist wie du.


Tyr.
37
Freyr ist der beste   von allen, die Bifröst

Trägt zu der hohen Halle:
Keine Maid betrübt er,   keines Mannes Weib,
Einen Jeden nimmt er aus Nöthen.


Loki.
38
Schweig du, Tyr!   du taugst zum Kampfe nicht

Zu gleicher Zeit mit Zweien.
Deine rechte Hand   ist dir geraubt,
Fenrir fraß sie, der Wolf.


Tyr.
39
Der Hand muß ich darben;   so darbst du Fenrirs.

Eins ist schlimm wie das andre;
Auch der Wolf ist freudenlos:   gefeßelt erwartet er
Der Asen Untergang.


Loki.
40
Schweig du, Tyr!   deinem Weibe geschahs,

Daß sie von mir ein Kind bekam.
Nicht Pfenningsbuße   empfingst du für die Schmach:
Habe dir das, du Hanrei!


Freyr.
41
Gefeßelt liegt Fenrir   vor des Flußes Ursprung

Bis die Götter vergehen.
So soll auch dir geschehn,   wenn du nicht schweigen wirst
Endlich, Unheilschmied.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 77. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/085&oldid=- (Version vom 31.7.2018)