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Anonym: Edda

23
Tapfer zog   Thôr der gewaltige

Den schimmernden Giftwurm   zum Schiffsrand auf.
Das häßliche Haupt   mit dem Hammer traf er,
Das felsenfeste,   dem Freunde des Wolfs.

24
Felsen krachten,   Klüfte heulten,

Die alte Erde   fuhr ächzend zusammen:
Da senkte sich   in die See der Fisch.

25
Nicht geheuer wars   auf der Heimkehr dem Riesen:

Der starke Hymir   verstummte ganz;
Wider den Wind nur   wandt’ er das Ruder:

26
„Willst du die Hälfte   haben der Arbeit:

Entweder die Wallfische   zur Wohnung tragen,
Oder das Boot   fest binden am Ufer?“

27
Hlorridi ging   und ergriff am Steven,

Ohn erst auszuschöpfen   das Schiff erfaßt’ er
Allein mit Rudern   und Schöpfgeräth;
Trug auch die Fische   des Thursen heim
In das keßelgleiche   Berggeklüft.

28
Aber der Jötun,   wie immer trotzig,

Mit Thôr um die Stärke   stritt er aufs Neu:
Der Macht ermangle   der Mann, wie er rudre,
Könn er dort   den Kelch nicht zerbrechen.

29
Als der dem Hlorridi   zu Händen kam,

Zerstückt’ er den starrenden   Stein damit:
Sitzend schleudert’ er   durch Säulen den Kelch;
In Hymirs Hand   doch kehrt’ er heil.

30
Aber die freundliche   Frille lehrt’ ihn

Wohl wichtgen Rath;   sie wust ihn allein:
„Wirf ihn an Hymirs Haupt:   härter ist das
Dem kostmüden Jötun   als ein Kelch mag sein.“

31
Der Böcke Gebieter   bog die Kniee

Mit aller Asenkraft   angethan:
Heil dem Hünen   blieb der Helmsitz;
Doch brach alsbald   der Becher entzwei.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 69. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/077&oldid=- (Version vom 31.7.2018)