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Anonym: Edda

42
Einen Saal seh ich,   der Sonne fern

In Nastrand,52[WS 1] die Thüren   sind nordwärts gekehrt.
Gifttropfen fallen   durch die Fenster nieder;
Mit Schlangenrücken   ist der Saal gedeckt.

43
Im starrenden Strome   stehn da und waten

Meuchelmörder   und Meineidige
(Und die Andrer Liebsten   ins Ohr geraunt).
Da saugt Nidhöggr   die entseelten Leiber,
Der Menschenwürger:   wißt ihr was das bedeutet?

44
Viel weiß der Weise,   sieht weit voraus

Der Welt Untergang,   der Asen Fall.

45
Brüder befehden sich   und fällen einander,

Geschwister sieht man   die Sippe brechen.
Der Grund erdröhnt,   üble Disen fliegen;
Der Eine schont   des Andern nicht mehr.

46
Unerhörtes eräugnet sich,   großer Ehbruch.

Beilalter, Schwertalter,   wo Schilde krachen,
Windzeit, Wolfszeit   eh die Welt zerstürzt.

47
Mimirs Söhne spielen,   der Mittelstamm entzündet sich

Beim gellenden Ruf   des Giallarhorns.
Ins erhobne Horn   bläst Heimdall laut,
Odhin murmelt   mit Mimirs Haupt.

48
Yggdrasil zittert,   die Esche, doch steht sie,

Es rauscht der alte Baum,   da der Riese frei wird.
(Sie bangen alle   in den Banden Hels
Bevor sie Surturs4   Flamme verschlingt.)
Grässlich heult Garm   vor der Gnupahöhle,
Die Feßel bricht   und Freki rennt.

49
Hrym51 fährt von Osten   und hebt den Schild,

Jörmungandr wälzt sich   im Jötunmuthe.
Der Wurm schlägt die Flut,   der Adler facht,
Leichen zerreißt er;   los wird Naglfar.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: „12“
Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/017&oldid=- (Version vom 18.8.2016)