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Anonym: Edda

Ob die Asen sollten   Untreue strafen,
Oder alle Götter   Sühnopfer empfahn.

28
Gebrochen war   der Burgwall den Asen,

Schlachtkundge Wanen   stampften das Feld.
Odhin schleuderte   über das Volk den Spieß:
Da wurde Mord   in der Welt zuerst.

29
Da gingen die Berather   zu den Richterstühlen,

Hochheilge Götter   hielten Rath,
Wer mit Frevel hätte   die Luft erfüllt,
Oder dem Riesenvolk   Odhurs Braut gegeben?

30
Von Zorn bezwungen   zögerte Thôr nicht,

Er säumt selten   wo er Solches vernimmt:
Da schwanden die Eide,   Wort und Schwüre,
Alle festen Verträge   jüngst trefflich erdacht.

31
Ich weiß Heimdalls27   Horn verborgen

Unter dem himmelhohen   heiligen Baum.
Einen Strom seh ich stürzen   mit starkem Fall
Aus Walvaters Pfand:   wißt ihr was das bedeutet?15

32
Östlich saß die Alte   im Eisengebüsch

Und fütterte dort   Fenrirs Geschlecht.
Von ihnen allen   wird eins das schlimmste:
Des Mondes Mörder   übermenschlicher Gestalt.12

33
Ihn mästet das Mark   gefällter Männer,

Der Seligen Saal   besudelt das Blut.
Der Sonne Schein dunkelt   in kommenden Sommern,
Alle Wetter wüthen:   wißt ihr was das bedeutet?

34
Da saß am Hügel   und schlug die Harfe

Der Riesin Hüter,   der heitre Egdir.
Vor ihm sang   im Vogelwalde
Der hochrothe Hahn,   geheißen Fialar.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/015&oldid=- (Version vom 31.7.2018)