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Venus.

     „Das Waldweib sprach: Das Klingen
Das ruft im Dorfe fern
Zum strengen Dienst des Herrn;
Die Leute müssen springen,
Viel beten und viel singen,
Wie müssen arme Seelen
In Wort und Wahn sich quälen.

     Wohl Dir, daß du vergeben
Des Leibes bösen Gast,
Die trübe Seele hast,
Nun darfst du selig leben,
In Thau und Lüften weben,
Ohn’ Beten, Knie’n und Büßen
All’ Inbrunst ganz genießen.“

(Aus den Gedichten von Julius Mosen.)

Sie ruht hier unter einem Baume im Vordergrunde einer romantischen Landschaft. Die Schatten sind grünlich braun und in den Lichtpartieen gelblich nachgedunkelt. Das macht den Eindruck, als sähe man die schöne Gestalt in einer süßen Dämmerstunde. In ihren dunkelglühenden Augen kann man die schöne Legende von der „Undine“ lesen, welche in der Liebe des Mannes eine unsterbliche Seele sucht.

Wer das in Italien in schöner Sinnenlust wiedergeborene, hellenische Heidenthum verstehen lernen will, der lese Ariosto und Aretino! Das hellenische Ideal wird, wie einst in Athen, immer emporstrahlen als Genius des Todes und des Unterganges in einem Zeitalter, welches in That und Bildung seine Aufgabe vollendet hat.

Empfohlene Zitierweise:
Julius Mosen: Die Dresdener Gemälde-Galerie. Arnoldische Buchhandlung, Dresden und Leipzig 1844, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Dresdener_Gem%C3%A4lde-Galerie_(Mosen).pdf/55&oldid=- (Version vom 31.7.2018)