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Neckerei eine ganz unschuldige Umarmung wird. Fast schmiegt sich die kleine Blondine zu hingebend an ihn und sie wehrt wirklich zu sanft der sich auf der anderen Seite dem Hündchen neckend nähernden Hand. Ihre Augen sind liebeblinzelnd, ein feststehendes Lächeln zuckt schmachtend in den Mundwinkeln. Die Notenbücher sind auf die Diele gefallen; die Musikstunde ist in Gefahr eine Schäferstunde zu werden. Die Moral davon ist, daß Aeltern ihren Töchtern keine jungen Lehrer, zumal in der Musik, halten sollen! –

Die Spitzenklöpplerin.

Sie sitzt am Fenster, zu welchem herein die Hausfrau einen todten Hahn zeigt. Wie sauber sitzt die Schöne da, jedes Fältchen an ihr ist berechnet. Sie hat den Klöppelsack auf dem Schooße stehen, die beiden Füße, deren rothe Pantoffelspitzen man sieht, auf ein niedliches Schemelchen gestützt. Vor Schrecken beim Anblick des todten Haushahns sind ihr die Klöppel aus den Händen gefallen. Wenn man nur wüßte, was der neben ihr einsam trauernde Männerpantoffel und das männliche Portrait über ihrem Kopfe bedeutete? Ist sie vielleicht eine junge Wittwe? Der fliehende Gipsamor auf dem Gesimse ist gewiß ein Allegorie. Doch wer kann die Geheimnisse einer Frauenseele ergründen! – – Ein anderer Schüler Douw’s,

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Julius Mosen: Die Dresdener Gemälde-Galerie. Arnoldische Buchhandlung, Dresden und Leipzig 1844, Seite 177. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Dresdener_Gem%C3%A4lde-Galerie_(Mosen).pdf/187&oldid=- (Version vom 31.7.2018)