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Anison, Daukos und Petroselinon, ferner die schwarzen Kerne der Paionie, ein uraltes Hausmittel, das man gegen φόβοι δαίμονες ἐπιπομπαί und kaltes Fieber, d. h. gegen Alpdruck und Delirien aller Art, anzuwenden pflegte; daher die Paionie im Volksmunde geradezu ἐφιαλτία oder ἐφιάλτειον genannt wurde.“[1] Die Verwendung natürlicher Hilfsmittel gegen außernatürliche Mächte geschieht im Altertum mit größter Unbefangenheit. „(Die Päonie) heilt auch von den Blendwerken der Faune in der Nacht.“[2] Seinem innersten Wesen nach ist, wie Soranus annimmt, jeder Alpdruck mit einem epileptischen Anfall identisch, den man wegen seiner merkwürdigen Symptome auf die Dämonen zurückführte und „die heilige Krankheit“ nannte. „Was nämlich die Epileptiker am Tage, das erleiden die Ephialtiker während der Ruhe der Nacht.“[3] Schon Jahrhunderte zuvor hatte der Arzt Hippokrates gerade bezüglich der „heiligen Krankheit“ den auffallenden Widerspruch zwischen Volksglauben und Praxis gegeißelt. Während jener die epileptischen Symptome als dämonische Wirkungen ansah, behandelte der Arzt die Krankheit mit natürlichen Mitteln. „Schuld an dieser Krankheit,“ sagt Hippokrates, „ist das Gehirn, wie es auch bei den übrigen schwersten Krankheiten der Fall ist … Wenn aber Schreckbilder auftreten und Furcht über sie kommt, so geschieht das infolge Veränderung des Gehirns … Diese Krankheit, die sog. heilige Krankheit, entsteht aus den nämlichen Ursachen, aus welchen die übrigen Krankheiten entstehen.“[4] Daß Fieber überhaupt sehr lebhafte Bilder dem Kranken vorführen, lehrt Galenus mit den Worten: „Bei den Gehirnentzündungen sehen die Leidenden die Gesichte des Schlafes so deutlich, daß man sagen kann, wegen des starken Eindrucks der Phantasmen sprängen sie aus dem Schlafe auf und schrieen.“[5] So hat bereits die alte Heilkunde die Ursachen der schreckhaften Phantasmen und „Sinnestäuschungen“ erkannt und mit natürlichen Mitteln dem körperlichen Übel und zugleich dem Auftreten der Dämonen gesteuert. Die Tierarzneikunde des Vegetius (6. Jahrhundert) bewahrt sogar das umfangreiche Rezept eines Riechmittels, dessen Dampf durch Nase und Mund einzuatmen ist und welches „abgesehen von der Tierkur die anstürmenden Anfälle der Menschen heilt, Hagel abwehrt, Dämonen vertreibt und Schatten(wesen) verscheucht“.[6] Umgekehrt kann man auch mit natürlichen Mitteln das „Erscheinen der Dämonen“ bewirken. Psellus (11. Jahrh.) überliefert, wie jemand von einem fahrenden Libyer in die magische Kunst eingeführt wurde. Derselbe gab ihm auf eigentümliche Weise ein Kraut zu essen, überstrich seine Augen mit Salbe und gewährte ihm so eine Menge Dämonen zu sehen.[7] Man weiß im Altertum, daß die Anwendung gewisser (narkotisch wirkender) Mittel, z. B. des Weines, Efeus (Hanfs?) die Entstehung von Phantasmen begünstigt, d. h. im Volksglauben, das Erscheinen von Dämonen veranlaßt. Während die alte Heilkunde den „dämonischen“


  1. Roscher, Ephialtes, 26.
  2. Plin. Nat. hist. 23, 29 (B. Teub. IV 125): [Paeonia] medetur et Faunorum in quiete ludibriis; 27, 87 (B. Teubn. IV 256): Grana nigra paeoniae auxiliantur et suppressionibus nocturnis.
  3. Oribasius l. c. (Roscher, Ephialtes, 22).
  4. Hippokrates sämtliche Werke übers. u. kommentiert von Rob. Fuchs, München 1897 II 553. 562. 564.
  5. Galen (ed. Kuehn) XVI pg. 221
  6. Vegetius, Mulomedicina III 12 (ed. Lommatzsch, B. Teubn. 259 sq.).
  7. Psellus, De operat. daemon. XV (Tambornino pg. 53).
Empfohlene Zitierweise:
Joseph Stoffels: Die Angriffe der Dämonen auf den Einsiedler Antonius. Ferdiand Schöningh, Paderborn 1910, Seite 818. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Angriffe_der_D%C3%A4monen_auf_den_Einsiedler_Antonius_818.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)