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Hinweis auf die verkannte Tüchtigkeit seiner Landsleute, in einer Zeit, wo alles Ausländische von den Fürsten protegiert wurde und ein deutscher Künstler mindestens einen italienischen Reisepass vorzeigen können musste, wenn er überhaupt nur ein wenig Achtung geniessen wollte[1]. Demselben Nationalbewusstsein begegnen wir auch bei Marpurg. Der blinde Glaube an die unfehlbare Güte der italienischen Musik begann freilich schon zu schwinden, aber Marpurgs immer wiederholte Hinweise auf welsche Unnatur beschleunigten den Prozess. Diesem Kampf entsprang auch die einen breiten Raum der Zeitschrift einnehmende Polemik gegen Agricola, der als Olibrio, reisender Liebhaber der Musik von der Tyber, die italienische Musik verteidigt. In blinder Nachahmung alles ausländischen Wesens hatte man sich in Deutschland im grossen Ganzen wenig um das Emporblühen eines speziell deutschen Stils bekümmert. Man kannte bislang nur den italienischen und französischen Geschmack und klassifizierte nach diesem Gesichtspunkt alle Kompositionen. Dass aber die Deutschen schon längst Vertreter einer eigenen Schreibweise besassen, darauf mussten sie sich erst vom Auslande aufmerksam machen lassen. Marpurg musste seinen Lesern erzählen, dass die Ausländer einen deutschen Nationalgeschmack kennten, der aus keiner Nachahmung fremder Vorbilder entstanden sei, und das sei der Geschmack Sebastian Bachs (S. 357).


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Historisch-Kritische Beyträge zur Aufnahme der Musik“ von Friedrich Wilhelm Marpurg. Berlin. 8°.

Der I. Band erschien im Verlage von Joh. Jacob Schützens sel. Witwe, die übrigen vier Bände erschienen bei Gottl. Aug. Lange in Berlin.


  1. Scheibes berühmter Angriff gegen Bach (Crit. mus. St. 6) fällt hiergegen nicht ins Gewicht, denn im Grunde wusste Scheibe Bachs Grösse mehr zu würdigen, als vielleicht manche von denen, die wegen seiner Freimütigkeit so entrüstet thaten.