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Wie sich über die Verbreitung, welche die ersten musikalischen Zeitschriften fanden, überhaupt keine bestimmten Angaben machen lassen, so wenig ist das auch beim Crit. mus. der Fall. Nur über seinen Leserkreis sagt Scheibe ganz gelegentlich (S. 363), dass er grösstenteils aus Musikliebhabern und Gelehrten, weniger aus Musikern bestehe.

Nachrichten von musikalischen Tagesereignissen werden im „kritischen Musikus“ überhaupt nicht gebracht, sondern ausschliesslich musikwissenschaftliche Abhandlungen eines einzigen Mannes, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, die vorhandenen Schäden der Musik zu bekämpfen und mit seinen sehr bedeutsamen Reformvorschlägen neue Zustände herbeizuführen.

Es dient dieser Zeitschrift sehr zum Nachteil, dass die Aufsätze über bestimmte Themen häufig durch Besprechungen anderer Stoffe unterbrochen sind, die den Verfasser gerade beschäftigten, oder durch ermüdende Wiederholungen und Weitschweifigkeiten, über die auch nicht Scheibes gewandte Handhabung der Sprache hinwegtäuschen kann, an Interesse verlieren. Der zunächst in die Augen fallende Zweck dieses periodisch erschienenen Werkes ist die Bekämpfung des italienischen Einflusses auf die deutsche Musik. Keine Gelegenheit lässt Scheibe unbenutzt, um seine Landsleute auf italienische Unnatur aufmerksam zu machen und ihren Nationalitätsstolz und ihr Vertrauen auf die eigene Tüchtigkeit zu wecken. Deutschland, das auf dem Gebiete der Wissenschaft so Bedeutendes geleistet habe, solle sich endlich einmal frei machen von sklavischer Nachahmung italienischer Muster, die sich vor allem in der Oper zeige.

Die reformatorischen Vorschläge Scheibes für das musikalische Drama sind von weitreichender Bedeutung, ohne dass jedoch für ihre Zeit ihr Einfluss besonders spürbar geworden wäre. Erst Gluck brachte in seinen sechs grossen Opern das, was Scheibe von der theatralischen Musik verlangte. Dieser betonte nämlich, dass die theatralische Musik sich nicht, wie es der welsche Geschmack verlange, nach dem sinnlichen Wohlgefallen des Ohrs richten solle, sondern vor allem die Personen der Handlung charakterisieren