Seite:DieSibyllinenGermanBlassKautzsch2.djvu/28

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

128 Und dann wird Salamis und zugleich Paphos das Erdbeben verderben, 129 wenn das ringsumspülte Kypros das dunkle Wasser überbraust.

130 Aber wenn aus der Erdspalte des italischen Landes 131 das Feuerzeichen ’hervorblitzend‘[1] zum weiten Himmel kommt 132 und viele Städte verbrennt und Männer vernichtet, 133 und viele rußige Asche den großen Äther erfüllt, 134 und Tropfen vom Himmel fallen, des Mennig gleich: 135 dann erkennt den Zorn des himmlischen Gottes, 136 darum, daß sie den unschuldigen Stamm der Frommen verderben.

137 Nach dem Westen wird alsdann der sich erhebende Streit des Krieges 138 kommen, und der Flüchtling von Rom, die mächtige Lanze erhebend, 139 den Euphrat überschreitend mit vielen Tausenden.

140 Armes Antiocheia, dich wird man nicht mehr eine Stadt nennen, 141 wenn du durch Thorheit unter italischen[2] Speeren fällst. 142 Auch ’Syrien‘ (?)[3] wird alsdann die Pest verderben und schrecklicher Krieg.

143 Wehe, wehe, armes Kypros: dich wird die breite Woge des Meers 144 verbergen, durch winterliche Stürme emporgeworfen[4]!

145 Es wird aber nach Asien kommen der große Reichtum, den einstmals Rom 146 ’selbst geraubt‘[5] und in dem schätzereichen Hause niedergelegt hat; 147 und zweimal so viel anderes wird es alsdann zurückerstatten 148 nach Asien, und dann wird ... des Krieges sein[6].

149 Die Städte der Karier an den Ufern des Maiandros, 150 sie alle, die da herrlich aufgetürmt sind, wird bittere 151 Hungersnot verderben, wenn der Maiandros sein dunkles Wasser verbirgt.

152 Aber wenn die Frömmigkeit den Menschen verloren geht, 153 die Treue und das Recht, und sie, in gottlosen Wagnissen 154 lebend[7], Übermut vollbringen, frevelhafte und böse Werke[8], 155 auf die Frommen aber niemand Rücksicht nimmt, 156 sondern die schwer Verblendeten in Thorheit sogar dieselben alle verderben, 157 an Frevelthaten sich freuend und auf Blutvergießen die Hände gerichtet habend: 158 dann möge man wissen, daß Gott nicht mehr gnädig ist, 159 sondern vor Zorn knirscht und das ganze Geschlecht 160 der Menschen zugleich verderben will unter einem großen Brande.

161 Ach, ihr armen Sterblichen, ändert dies und bringt nicht zu jeglichem Zorne 162 den großen Gott, sondern fahren lassend 163 die Schwerter und den Jammer und Männermord und die Frevelthaten, 164 badet den ganzen Leib in immerfließenden Flüssen, 165 und die Hände zum Himmel ausstreckend bittet um Vergebung 166 für die bisherigen Thaten und sühnt mit Lobpreisungen 167 die bittere Gottlosigkeit. So wird es Gott gereuen, 168 und er wird [euch] nicht verderben; er wird seinen Zorn wiederum stillen, wenn ihr alle 169 die hochgeehrte Frömmigkeit in eurem Geiste übt. 170 Solltet ihr aber bösen Sinnes mir nicht gehorchen, sondern, ruchlosen Sinn[9] 171 liebend, dies alles mit bösen Ohren aufnehmen, 172 so wird Feuer über die Welt kommen, bei welchem dies das Zeichen ist[10]: 173 Schwerter, Trompeten[11], mit dem Aufgange der Sonne; 174 die ganze Welt wird ein Gebrüll und einen schrecklichen Schall


  1. Alex.; „zurückkehrend“ Hdschr., doch mit Varianten. Plutarch erwähnt sibyllinische Orakel über diesen Ausbruch des Vesuv; indessen die Einzelheiten der Fassung stimmen nicht.
  2. Andere Lesart „durch deine Thorheit“; „italischen“ fehlt.
  3. Hdschr. „Skyros“ oder „Kypros“; letzteres wegen V. 143.
  4. Nach den Hdschr. auf Kypros bezogen. Andere Fassung für „des Meers“ u. s. w.: „erfüllen an stürmischen Tagen und das erregte Meer“.
  5. Friedlieb; Hdschr. sinnlos.
  6. Der verdorbene Vers steht überhaupt nur in einem Teile der Hdschr.
  7. Andere LA.: „die Tr. und das Recht in der Welt verschwinden“: Rzach stellt (durch Vereinigung dieser Fassungen und eines Citats bei Clemens) einen hinzukommenden Vers her.
  8. Andere LA. „frevelhaften (zu Übermut) und vieles andere“.
  9. Andere LA. „Gottlosigkeit“.
  10. Andere LA.: „über die ganze Welt —, und ein sehr großes Zeichen“.
  11. Andere LA.: „mit Schw., mit Trompeten“.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Blass (Übersetzer): Die Sibyllinen. Tübingen: Mohr Siebeck, 1900, Seite 204. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DieSibyllinenGermanBlassKautzsch2.djvu/28&oldid=- (Version vom 31.7.2018)