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früher in der Schlammwäsche mit sogenannten Vollapparaten arbeitete, auf denen sich das aufbereitete Gut in dicken Schichten ansammelte und von Zeit zu Zeit mit Schaufeln abgestochen wurde, zu welchem Zwecke man natürlich den Aufbereitungsprozeß unterbrechen mußte, wendet man jetzt allgemein Leerherde an, bei denen die fertigen Erzeugnisse ständig durch das Wasser entfernt und in Sammelbehälter gespült werden, so daß ein ununterbrochener Betrieb entsteht, der ein höheres Ausbringen und größere Leistungsfähigkeit bei geringerem Kraftaufwande und wenig Bedienung zur Folge hat. Neben den bereits älteren, aber ganz vorzüglich arbeitenden Linkenbachschen Rundherden sind etwa seit dem Jahre 1900 die Stoß- und Schüttelherde getreten, welche die aufbereitende Wirkung des strömenden Wassers durch Stoß- und Schüttelbewegungen der Herdplatte unterstützen und recht reine Erzeugnisse fast automatisch zu gewinnen gestatten. Durch diese Fortschritte in der Schlammaufbereitung kann man aus den feinsten Schlämmen, die sehr viel Metall enthalten, einen viel größeren Teil des Erzes gewinnen, als es vor 25 Jahren möglich war, und vermag selbst alte Schlammhalden früherer Betriebe mit Vorteil aufbereiten und so erhebliche Mengen Metall gewinnen, die man bereits verloren gegeben hatte. Von der großen Bedeutung, welche die Aufbereitung für den Erzbergbau hat, zeugt es, daß in Oberschlesien in den Jahren 1903–1912 außer mehreren kleinen Aufbereitungen und außer einigen, oft sehr bedeutenden Erweiterungen von bereits bestehenden Anlagen vier große neue Erzwäschen mit einer Gesamtstundenleistung von 200 Tonnen Haufwerk erbaut worden sind, für die ein Kapital von über 10 Millionen Mark aufgewendet wurde. Man vermag in ihnen ein Grubenklein von 7–12% Zink und 1–4% Blei auf 40 und mehr % Zink und 70 und mehr % Blei anzureichern bei einem Ausbringen von 75–89% des Gesamtzinkgehalts und 70–80% des Gesamtbleigehalts im Haufwerke, ohne daß die Kosten der Aufbereitung die Grenze erreichen, bei der ein gewinnbringender Betrieb selbst bei niedrigen Metallpreisen fraglich erscheint.

Neben die Naßaufbereitung, die Wäsche, die nur solche Mineralien voneinander zu trennen vermag, die hinsichtlich ihres spezifischen Gewichtes stark voneinander abweichen, ist in den letzten Jahrzehnten ein ganz neues Verfahren, die magnetische Aufbereitung, getreten, welche die nasse Aufbereitung unterstützt und ergänzt und stellenweise zu ersetzen vermag. Die erste magnetische Aufbereitung Europas wurde im Jahre 1900 auf der Grube Lohmannsfels im Siegerlande erbaut. Die anfangs verwendeten, nach ihrem Erfinder „Wetherill-Apparate“ genannten Maschinen sind in den letzten Jahren durch deutsche Firmen, vor allem durch die Maschinenbauanstalt Humboldt, das Krupp-Grusonwerk und die Elektromagnetische Gesellschaft erheblich verbessert worden, auch wurden von diesen Firmen neue Systeme erfunden und gebaut, die sich sehr gut bewährt haben.

Zu der nassen und magnetischen Aufbereitung ist in den letzten Jahren noch das Schwimmverfahren getreten, das auf dem Auftriebe von gewissen Erzen in Flüssigkeiten oder auf der Tragfähigkeit gespannter Flüssigkeitshäutchen beruht. Jedoch ist man in Deutschland über Versuche mit diesem Verfahren noch nicht hinausgekommen.

Während die Erzaufbereitung bis in die ältesten Zeiten des Bergbaues zurückreicht, ist die Kohlenaufbereitung neueren Datums. Früher begnügte man sich allgemein damit,

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 521. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/84&oldid=- (Version vom 20.8.2021)