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163 Millionen Doppelzentner zur Viehfütterung,
130 Millionen Doppelzentner zur menschlichen Ernährung,
65 Millionen Doppelzentner zur Saat,
45 Millionen Doppelzentner Verlust durch Veratmen und Verderben (!)
und 46 Millionen Doppelzentner für gewerbliche Zwecke.

Bei diesen Zahlen fällt vor allem der große Verlust auf, der bei der Aufbewahrung bis zur neuen Ernte oder durch Fäulnis erfolgt. Daher sind auch die seit dem Anfang dieses Jahrhunderts unternommenen Versuche von so großer Bedeutung, die Kartoffeln zu trocknen und sie dadurch haltbarer zu machen. Anfangs waren hierbei große technische Schwierigkeiten zu überwinden, die im wesentlichen jetzt gehoben sein dürften. Die getrockneten Kartoffeln sollen zu den gleichen Zwecken wie die nicht bearbeiteten Kartoffeln, vornehmlich zur Viehfütterung, aber auch für die menschliche Ernährung in Form von Kartoffelbackmehl, für die Bereitung von Backwaren und zu gewerblichen Zwecken Verwendung finden. Es wäre als ein wesentlicher wirtschaftlicher Fortschritt anzusehen, wenn es gelänge, durch die Kartoffeltrocknung einen Ausgleich für die außerordentlich ungleichen Ernteergebnisse der einzelnen Jahre zu schaffen.

Im übrigen findet die Kartoffel gewerblich noch Verwendung zur Herstellung von Kartoffelstärke und von Stärkezucker (Stärkesirup, Kapillärsirup, Couleur, Dextrin).

Die Kartoffelstärkeerzeugung hat sich von etwa 1 Million Doppelzentner vor 25 Jahren auf etwa 2 Millionen Doppelzentner Stärke vermehrt. Ferner wurden damals etwa 0,6 Millionen Doppelzentner der genannten Stärkeerzeugnisse, 1912 etwa 1 Million Doppelzentner gewonnen.

Die Branntweinbrennerei.

Das Brennereigewerbe befaßt sich mit der Gewinnung von Branntwein für Trinkzwecke oder zur gewerblichen Verwendung. Die große Bedeutung des Branntweins für die Reichssteuer einerseits, die Schwierigkeit der wirtschaftlichen Verhältnisse andererseits haben es mit sich gebracht, daß die Steuergesetzgebung seit dem Jahre 1887 wiederholten und sehr tief eingreifenden Veränderungen unterlegen hat. Durch die Bestimmungen der Branntweinsteinsteuergesetze aus den Jahren 1909 und 1912 sind diese Verhältnisse neu geregelt worden. Dabei ist vor allem von Wichtigkeit die 1912 erfolgte Aufhebung des Branntweinkontingents.

Verschiedene Umstände, vor allem auch die Mäßigkeitsbewegung haben dazu geführt, daß der Verbrauch an Trinkbranntwein in den letzten Jahrzehnten ständig zurückgegangen ist.

1897 betrug der Trinkverbrauch 3 Millionen Hektoliter, 1911/12 nur noch rund 2 Millionen Hektoliter Branntwein. Andererseits hat die Branntweinbrennerei sich mit Erfolg bemüht, die Verwendung des Branntweins zu gewerblichen Zwecken zu heben. 1897 wurden etwa 150 000 Hektoliter für gewerbliche Zwecke verwendet, 1911/12 1½ Millionen Hektoliter.

In die Zeit der letzten 25 Jahren fallen wichtige Arbeiten über die Gewinnung des Branntweins und seine Untersuchung. In wirtschaftlicher Hinsicht ist der Zusammenschluß des Gewerbes von größter Bedeutung gewesen.

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 505. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/68&oldid=- (Version vom 20.8.2021)