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Christian Schad (Hrsg.): Deutscher Musenalmanach, 7. Jahrgang

Tagdiebe, Neidharde, Schwerenöther,

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Die ohne Sinn für sittliche Freuden

Im Sinnenrausch ihr Leben vergeuden!
Verschworen hatten sich solche Racker
Gegen den Brutus, der treu und wacker
Mit seinem Korb im Maule nicht

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Gewichen von dem Pfad der Pflicht. –


     Und eines Tages, als er kam
Vom Fleischer und seinen Rückweg nahm
Nach Hause, da ward er plötzlich von allen
Verschwornen Bestien überfallen;

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Da ward ihm der Korb mit dem Fleisch entrissen,

Da fielen zu Boden die leckersten Bissen,
Und fraßbegierig über die Beute
Warf sich die ganze hungrige Meute –
Brutus sah anfangs dem Schauspiel zu,

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Mit philosophischer Seelenruh’;

Doch als er sah, daß solchermaßen
Sämmtliche Hunde schmausten und fraßen,
Da nahm auch er an der Mahlzeit Theil
Und speiste selbst eine Schöpsenkeul’. –


Moral.


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     Auch du, mein Brutus, auch du, du frißt?

So ruft wehmüthig der Moralist.
Ja böses Beispiel kann verführen;
Und ach! gleich allen Säugethieren,
Nicht ganz und gar vollkommen ist

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Der tugendhafte Hund – er frißt!

Empfohlene Zitierweise:
Christian Schad (Hrsg.): Deutscher Musenalmanach, 7. Jahrgang. Stahel'sche Buchhandlung, Würzburg 1857, Seite 378. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Musenalmanach_(7)_1857.djvu/396&oldid=- (Version vom 31.7.2018)