Ludwig Erk (Herausgeber): Deutscher Liederhort | |
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Mäßig. | Mündlich, aus Schlesien. (Waltdorf bei Neiße.) |
wol auf dem breiten Steine;
da kam der Adler, der schönste Waldvogl:
„Was machst du hier alleine?“
ich bin ein arme Waise:
der Vater ist mir im Krieg erschlagn,
die Mutter gestorbn vor Leide.‘‘‘
die Mutter gestorbn vor Leide:
willst mich zu einem Manne habn,
ich nehm dich zu einem Weibe.“
sie schaut ihm unter die Augen:
‚‚‚Ei Adler, wärst der schönste Waldvogl:
man darf dich wol nicht trauen?‘‘‘
mein Ehr setz ich zu Pfande!
Zieh du zuvor, ich zieh dir nach,
so ziehn wir aus dem Lande.“
in Adlers sein Geniste,
da gabs der Federn gar so viel,
aus andern Vögeln gerissen.
und laßt euch nicht betrügen:
die Knäblein die am schönsten sind,
die sind die größten Lügner.
so ziehn sie aus dem Lande;
das gute Mädel mag sitzen bleibn
in lauter Spott und Schande.
1, 2. Auf einem großen Steine. 1, 3. da kam der allerschönst Waldvogl. – 4, 3. Ei Adler, wärst ein Vogel schön, dürft man dir nur vertrauen! – 5, 3. Setz du dich auf mein Flügel breit und flieg mit mir ins Lande! – 7, 3. sind gleich die Bürschlein noch so schön, sie könn gar höflich lügen.
Ludwig Erk (Herausgeber): Deutscher Liederhort. Verlag von Th. Chr. Fr. Enslin, Berlin 1856, Seite 191. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Liederhort_(Erk)_191.jpg&oldid=- (Version vom 27.10.2019)