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Ludwig Erk (Herausgeber): Deutscher Liederhort

15.
Annchristine wol zu Pferde sprang,

ihr gülden krauses Haar lang nieder hangt.

16.
Sie reit wol über Berg und Thal,

ihr Bruder schon aus dem Fenster sah.

17.
„Musje Jäger, das mustu gelogen sein,

meine Schwester Annchristine ist Jungfer fein.“

18.
‚‚‚Solln alle meine Worte gelogen sein,

so laßt die Annchristine auf den Tanzboden rein!‘‘‘

19.
Graf Hans der machte wol nun ein Tanz,

der Tanz der daurte sieben Stunden lang.

20.
„Musje Jäger, das mustu gelogen sein,

meine Schwester Annchristine ist Jungfer fein.“

21.
‚‚‚Solln alle meine Worte gelogen sein,

so laßt uns mal zücken den Schnürband fein!‘‘‘

22.
Und als sie nun den Schnürband zückten,

die weiße Milch sprang ihr aus den Brüsten.

23.
„„Ich habe getrunken den rheinischen Wein,

das zog mir in die Brüste hinein.““

24.
„Und hast du getrunken den rheinischen Wein,

das zieht doch nicht in die Brüste hinein.

25.
„Annchristine, willst du die Ruthe schmecken,

oder soll ich dich mit dem Schwerte durchstechen?“

26.
„„Viel lieber will ich die Ruthe schmecken,

eh du mich sollst mit dem Schwerte durchstechen.““

27.
Er schlug sie so sehre, er schlug sie so lang,

bis Lung und Leber aus dem Leib ihr sprang.

28.
„„Halt ein, halt ein, lieber Bruder mein!

Prinz Friedrich von Engelland ist Schwager dein.““

29.
„Ach Schwester, hättst du mir das eher gesagt,

so hätt ich dich nicht zu Tode geplagt.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Erk (Herausgeber): Deutscher Liederhort. Verlag von Th. Chr. Fr. Enslin, Berlin, Preußen 1856, Seite 156. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Liederhort_(Erk)_156.jpg&oldid=- (Version vom 26.10.2019)