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7.
„Ihr sagt mir viel von der Höllen Glut

und habt es doch nie empfunden:
gedenkt an meinen rothen Mund,
der lacht zu aller Stunden.“

8.
‚‚‚Was hilft mir euer rother Mund?

er ist mir gar unmäre;
nun gebt mir Urlaub, Fräulin zart,
durch aller Frauen Ehre!‘‘‘

9.
„Herr Danhäuser, wöllt ihr Urlaub han,

ich will euch keinen geben;
nun bleibent, edler Danhäuser,
und fristet euer Leben!“

10.
‚‚‚Mein Leben das ist worden krank,

ich mag nit länger bleiben;
nun gebt mir Urlaub, Fräulin zart,
von eurem stolzen Leibe!‘‘‘

11.
„Herr Danhäuser, nit reden also,

ihr thund euch nit wol besinnen;
so gehn wir in ein Kämmerlein
und spielen der edlen Minne!“

12.
‚‚‚Eur Minne ist mir worden leid,

ich hab in meinem Sinne:
Frau Venus, edle Fraue zart,
ihr seind ein Teufelinne.‘‘‘

13.
„Herr Danhäuser, was redt ihr nun,

daß ihr mich günnet schelten?
Und sollt ihr länger hier innen sein,
ihr müßtens oft entgelten.“

14.
‚‚‚Frau Venus! das enwill ich nit,

ich mag nit länger bleiben.
Maria Mutter, reine Magd,
nun hilf mir von den Weiben!‘‘‘

15.
„Herr Danhäuser, ihr sollt Urlaub han,

mein Lob das sollt ihr preisen;
wo ihr da in dem Land um fahrt,
nehmt Urlaub von dem Greisen!“

16.
Do scheid er wieder aus dem Berg

in Jammer und in Reuen:
‚‚‚Ich will gen Rom wol in die Stadt
auf eines Bapstes Treuen.

17.
‚‚‚Nun fahr ich frölich auf die Bahn,

Gott müß sein immer walten!
zu einem Bapst der heißt Urban,
ob er mich möcht behalten. –

18.
‚‚‚Ach Bapst, viellieber Herre mein!

ich klag euch meine Sünde,
die ich mein Tag begangen hab,
als ich euch will verkünden.

19.
‚‚‚Ich bin gewesen auch ein Jahr

bei Venus einer Frauen;
so wollt ich Beicht und Buß empfahn,
ob ich möcht Gott anschauen!‘‘‘

20.
Der Bapst hätt ein Stäblin in der Hand,

das was sich also dürre:
„„Als wenig als es grunen mag,
kummst du zu Gottes Hulde.““

21.
‚‚‚Und sollt ich leben nur ein Jahr,

ein Jahr auf dieser Erden,
so wöllt ich Beicht und Buß empfahn
und Gottes Trost erwerben!‘‘‘

22.
Do zog er wieder aus der Stadt

in Jammer und in Leide:
‚‚‚Maria Mutter, reine Magd!
muß ich mich von dir scheiden.‘‘‘

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Erk (Herausgeber): Deutscher Liederhort. Verlag von Th. Chr. Fr. Enslin, Berlin 1856, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Liederhort_(Erk)_087.jpg&oldid=- (Version vom 23.10.2019)