Seite:Deutsche als Franktireure im Jahre 1870.pdf/5

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Walther Kabel: Deutsche als Franktireure im Jahre 1870 (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 3)

mir fortgeholfen zu haben, notwendig auf ihn fallen mußte.“

Der mecklenburgische Major Müller erzählt eine ähnliche Episode. „Am 19. Oktober brach unsere Abteilung, die in den Dörfern Nozent und Sormant Lebensmittel einkaufen sollte, von Curbal auf. Sergeant Hinzel führte das Kommando über uns zehn Mann. Ich als Sohn eines Gutsbesitzers mußte den Kutscher auf dem nur mit Mühe aufgetriebenen und mit zwei Pferden bespannten Leiterwagen spielen. In Nozent war nicht einmal ein Huhn zu entdecken. Die Bauern, denen wir als Lockmittel blanke Goldstücke zeigten, zuckten die Achseln. ‚Les Franctireurs!‘ war die vielsagende Antwort. Die hatten vor uns mit allem reinen Tisch gemacht. So ging’s denn weiter auf einem schlechten Waldwege auf Sormant zu. Sergeant Hinzel hatte vorsichtigerweise sowohl nach vorwärts als auch nach beiden Seiten je zwei Mann als Streifwache ausgeschickt. Nachmittags um drei Uhr war Sormant, das wir in zwei Stunden hätten erreichen müssen, noch immer nicht in Sicht. Da merkten wir, daß wir uns verirrt hatten. Dem Stande der Sonne nach zu urteilen waren wir viel zu weit nach Westen gekommen. So bogen wir denn in den nächsten Seitenweg ein, der nach Norden führte. Er führte uns leider auch ins Verderben. Nach einer halben Stunde wurde der Wald lichter. Vor uns lag zur Linken ein großer Steinbruch mit steil abfallenden Wänden, der nur eine schmale Auffahrt auf ein paar in Gärten eingebettete Häuser hatte. Nach der Karte war dies der Weiler Messières. Wir hatten uns also gründlich verirrt. Aber zu langem Grübeln blieb uns keine Zeit. Mit einem Male ging die Geschichte los. Schüsse knallten von allen Seiten, und von unseren drei Streifwachen kamen nur noch vier Mann in wilder Flucht auf uns zugerannt. Sergeant Hinzel führte uns in den Steinbruch. Bis zur Nacht hatten wir uns die Franktireure glücklich vom Leibe gehalten. Sobald sich nur ein Rotkittel am Rande des Steinbruchs zeigte, knallte es bei uns auch schon. Und nachdem wir einigen einen gehörigen Denkzettel gegeben hatten, ließ man uns in Ruhe. Jetzt mit der zunehmenden Dämmerung wurde das anders.

Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Deutsche als Franktireure im Jahre 1870 (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 3). Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1915, Seite 219. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_als_Franktireure_im_Jahre_1870.pdf/5&oldid=- (Version vom 31.7.2018)