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die Ehrerbietung, die vom Ritter seinem Schützen bewiesen wurde, berief den Gast, und erfuhr von ihm die ganze Wahrheit, und wie jetzt alles Erbe auf Otten stünde. Da bewilligte ihm der Herzog mit Freuden seine Tochter, und bald zog Otto mit seiner Braut nach Marburg in Hessen ein. (Otto geb. 1322. † 1366.)




563.
Landgraf Philips und die Bauersfrau.
Kirchhofs Wendunmuth.

Winkelmann S. 586. 587.


Landgraf Philips pflegte gern unbekannter Weise in seinem Lande umher zu ziehen, und seiner Unterthanen Zustand zu forschen. Ein Mal ritt er auf die Jagd, und begegnete einer Bäuerin, die trug ein Gebund Leinengarn auf dem Kopfe. Was tragt ihr, und wohin wollt ihr? frug der Landgraf, den sie nicht erkannte, weil er in schlechten Kleidern einher ging. Die Frau antwortete: „ein Gebund Garn, damit will ich zur Stadt, daß ich es verkaufe, und die Schatzung und Steuer bezahlen kann, die der Landgraf hat lassen ausschreiben; des Garns muß ich selber wohl an zehn Enden entrathen,“ klagte erbärmlich über die böse Zeit. Wie viel Steuer trägt es euch? sprach der Fürst. „Einen Ortsgulden,“ sagte sie; da nahm er sein Seckel, zog so viel heraus, und gab ihr das Geld, damit sie ihr Garn behalten könnte. „Ach nun lohns euch Gott, lieber

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 355. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_375.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)