meldete, daß sie zur Nacht mit wenig Leuten in der
besten Rüstenung und Geschmuck auf die Burg kämen.
Das geschah. Früh Morgens, als der Tag anbrach,
richtete Landgraf Ludwig das Volk also an, daß ein
jeder auf den Graben um die Burg trat, gewappnet
und geschmuckt in Gold, Silber, Sammet, Seiden
und den Wappenröcken, als wenn man zu streiten
auszieht; und jeder Graf oder Edelmann hatte seinen
Knecht vor ihm, der das Wappen trug, und seinen
Knecht hinter ihm, der den Helm trug; so daß man
deutlich jedes Wappen und Kleinod erkennen konnte.
So standen nun alle Dienstmannen rings um den
Graben, hielten bloße Schwerter und Aexte in Händen,
und wo ein Mauerthurm stehen sollte, da stand
ein Freiherr oder Graf mit dem Banner. Als Ludwig
alles dies stillschweigends bestellet hatte, ging er zu
seinem Schwager, und sagte: „die Mauer, die er
sich gestern berühmt hätte zu machen, stehe bereit und
fertig.“ Da sprach Friedrich: „ihr täuschet mich,“
und segnete sich, wenn er es etwa mit der schwarzen Kunst
zuwege gebracht haben möchte. Und als er auswendig
zu dem Graben trat, und so viel Schmuck
und Pracht erblickte, sagte er: „nun hab ich köstlicher,
edler, theurer und besser Mauern zeit meines
Lebens noch nicht gesehen; das will ich Gott und euch
bekennen, lieber Schwäher; habt immer Dank, daß
ihr mir solche gezeiget habt.
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 338. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_358.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)