denn er hatte ihm ein Kind aus der Taufe gehoben,
und hieß Otto von Sangerwitz; und weil er meinte,
es wäre ein lebendiger Mensch, trat er auf ihn zu
und sprach: „o Herr Gevatter, wie bin ich erfreut,
daß ich euch frisch und gesund sehen mag; man hat
mich überreden wollen, ihr wärt erschlagen worden;
ich bin froh, daß es besser ist, als ich meinete. Und
wie stehet es doch in diesem Schlosse, davon man so
wunderliche Dinge redet?“ Das Teufelsgespenst sagte
wieder zu ihm: „komme mit mir, so wirst du sehen,
wie man allhier Haus hält." Der Schmied folgte
ihm nach, die Wendeltreppe hinauf; da sie in das
erste Gemach gingen, fanden sie einen Haufen Volks,
die nichts anders thaten, denn mit Würfel und Karten
spielen; etliche lachten, etliche fluchten Wunden
und Marter. Im andern Gemach saßen sie zu Tische,
da war nichts anders, denn Fressen und Saufen zu
ganzen und halben; von dannen gingen sie in den
großen Saal, da funden sie Männer, Weiber, Jungfrauen
und junge Gesellen; da hörte man nichts,
denn Saitenspiel, singen, tanzen, und sahe nichts denn
Unzucht und Schande treiben. Nun gingen sie in die
Kirche; da stund ein Pfaff vor dem Altar, als ob er
Messe halten wollte; die Chorherren aber saßen rings
umher in ihren Stühlen und schliefen. Darnach gingen
sie wieder zum Schloß hinaus, alsbald hörte man
in dem Schloß so jämmerlich heulen, weinen und Zetergeschrei,
daß dem Schmied angst und bange ward,
gedachte auch, es könnte in der Hölle nicht jämmerlicher
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 274. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_294.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)