solches erließe, denn es wäre unnatürlich; was er
ihn sonst hieße, wolle er gern thun. Der Vogt aber
zwang ihn mit seinen Knechten, und legte dem Kinde
den Apfel selbst aufs Haupt. Nun sah Tell, daß er
nicht ausweichen konnte, nahm den Pfeil, und steckte
ihn hinten in seinen Göller, den andern Pfeil nahm
er in die Hand, spannte die Armbrust, und bat Gott,
daß er sein Kind behüten wolle; zielte und schoß
glücklich ohne Schaden den Apfel von des Kindes
Haupt. Da sprach der Herr, das wäre ein Meisterschuß;
aber eins wirst du mir sagen: was bedeutet,
daß du den ersten Pfeil hinten ins, Göller stießest?
Tell sprach: das ist so Schützen Gewohnheit. Der
Landvogt ließ aber nicht ab, und wollte es eigentlich
hören; zuletzt sagte Tell, der sich fürchtete, wenn er
die Wahrheit offenbarte: wenn er ihm das Leben
sicherte, wolle ers sagen. Als das der Landvogt gethan,
sprach Tell: nun wohl! sintemal ihr mich des
Lebens gesichert habt, will ich das Wahre sagen. Und
fing an und sagte: ich hab es darum gethan, hätte
ich des Apfels gefehlt, und mein Kindlein geschossen,
so wollte ich euer mit dem andern Pfeil nicht gefehlt
haben. Da das der Landvogt vernahm, sprach er:
dein Leben ist dir zwar zugesagt; aber an ein Ende
will ich dich legen, da dich Sonne und Mond nimmer
bescheinen; ließ ihn fangen und binden, und in
denselben Nachen legen, auf dem er wieder nach
Schwitz schiffen wollte. Wie sie nun auf dem See
fuhren, und kamen bis gen Axen hinaus, stieß sie
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 229. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_249.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)