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500.
Der Brennberger (zweite Sage).
Fliegendes Blatt


Als nun der edle Brennberger mannichfalt gesungen hatte von seiner schönen Frauen, da gewahrte es ihr Gemahl, ließ den Ritter fahen und sagte: du hast meine Frau lieb, das geht dir an dein Leben! Und zur Stunde ward ihm das Haupt abgehauen; sein Herz aber gebot der Herr auszuschneiden und zu kochen. Darauf wurde das Gericht der edlen Frau vorgestellt, und ihr rother Mund aß das Herz, das ihr treuer Dienstmann im Leibe getragen hatte. Da sprach der Herr: Frau, könnt ihr mich bescheiden, was ihr jetzund gegessen habt? Sie Frau antwortete: nein, ich weiß es nicht; aber ich möcht es wissen, denn es schmeckt mir schön. Er sprach: fürwahr, es ist Brennbergers Herz, deines Dieners, der dir viel Lust und Scherz brachte, und konnte dir wohl dein Leid vertreiben. Die Frau sagte: hab ich gegessen, das mir Leid vertrieben hat, so thu ich einen Trunk darauf zu dieser Stund, und sollte meiner armen Seele nimmer Rath werden; von Essen und Trinken kommt nimmer mehr in meinen Mund. Und eilends stund sie auf, schloß sich in ihre Kammer und flehte die himmlische Königin um Hülfe an: es muß mich immer reuen um den treuen Brennberger, der unschuldig den Tod erlitt um meinetwillen; fürwahr, er ward nie meines Leibes theilhaftig, und kam mir nie

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 211. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_231.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)