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Hasel-Brunnen: Dies Land hab ich gewonnen den Baiern zu Ehre; diese Mark diene ihnen immerdar!




492.
Die treulose Störchin.
Aventin bair. Chr. Bl. 2763.

Gesta rom. deutsch c. 5. latein. c. 82.


Cranz, ein Canzler Herzog Thaßilos III. schreibt gar ein seltsames Wunder von Störchen, zur Zeit Herzog Haunbrechts. Der Ehebruch sey derselbigen Zeit gemein gewesen, und Gott habe dessen harte Strafe an unvernünftigen Thieren zeigen wollen.

Oberhalb Abach in Unterbaiern, nicht weit von der Donau, stand ein Dorf, das man jetzund Teygen nennet. In dem Dorf nisteten ein Paar Störche und hatten Eier zusammen. Während die Störchin brütete und der Storch um Futter ausflog, kam ein fremder Storch, buhlte um die Störchin, und überkam sie zuletzt. Nach verbrachtem Ehebruch flog die Störchin überfeld zu einem Brunnen, taufte und wusch sich, und kehrte wieder ins Nest zurück, der Maßen, daß der alte Storch bei seiner Rückkunft nichts von der Untreue empfand. Das trieb nun die Störchin mit dem Ehebrecher fort, einen Tag wie den andern, bis sie die Jungen ausgebrütet hatte. Ein Bauer aber auf dem Felde nahm es wahr und verwunderte sich, was doch die Störchin alle Tage zum Brunnen flöge und badete; vermachte also den Brunnen mit

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 201. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_221.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)