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316.
Jungfrau Ilse.

Otmar S. 171 - 174.
Quedlinb. Sammlung. S. 204. 205.


Der Ilsenstein ist einer der größten Felsen des Harzgebirges, liegt auf der Nordseite in der Grafschaft Wernigerode unweit Ilsenburg am Fuß des Brockens und wird von der Ilse bespült. Ihm gegenüber ein ähnlicher Fels, dessen Schichten zu diesem passen und bei einer Erderschütterung davon getrennt zu seyn scheinen.

Bei der Sündfluth flohen zwei Geliebte dem Brocken zu, um der immer höher steigenden allgemeinen Ueberschwemmung zu entrinnen. Eh sie noch denselben erreichten und gerade auf einem andern Felsen zusammenstanden, spaltete sich solcher und wollte sie trennen. Auf der linken Seite, dem Brocken zugewandt, stand die Jungfrau; auf der rechten der Jüngling und miteinander stürzten sie umschlungen in die Fluten. Die Jungfrau hieß Ilse. Noch alle Morgen schließt sie den Ilsenstein auf, sich in der Ilse zu baden. Nur wenigen ist es vergönnt, sie zu sehen, aber wer sie kennt, preist sie. Einst fand sie frühmorgens ein Köhler, grüßte sie freundlich und folgte ihrem Winken bis vor den Fels; vor dem Fels nahm sie ihm seinen Ranzen ab, ging hinein damit und brachte ihn gefüllt zurück. Doch befahl sie dem Köhler, er sollte ihn erst in seiner Hütte öffnen. Die Schwere fiel ihm auf

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 1. Nicolai, Berlin 1816, Seite 407. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V1_443.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)