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Zeiten daraus dampfen und Nebel aufsteigen. Von dieser Capelle wird weiter erzählt: sie sey einer Heiligen geweiht, rühre ein Kranker deren Gewand an, so genese er zur Stunde. Diese Heilige aber wäre vordem eine wunderschöne Prinzessin gewesen, in die sich ihr eigener Vater verliebt. In der Noth hätte sie aber zu Gott im Himmel um Beistand gebätet, da wäre ihr plötzlich ein Bart gewachsen und ihre irdische Schönheit zu Ende gegangen.





182.
Das Teufelsloch zu Goslar.
Müchler Spiele müß. Stunden. 1810. Th. 4.


In der Kirchenmauer zu Goslar sieht man einen Spalt und erzählt davon so: Der Bischof von Hildesheim und der Abt von Fuld hatten einmal einen heftigen Rangstreit, jeder wollte in der Kirche neben dem Kaiser sitzen und der Bischof behauptete den ersten Weihnachtstag die Ehrenstelle. Da bestellte der Abt heimlich bewaffnete Männer in die Kirche, die sollten ihn den morgenden Tag mit Gewalt in Besitz seines Rechtes setzen. Dem Bischof wurde das aber verkundschaftet und ordnete sich auch gewappnete Männer hin. Tags drauf erneuerten sie den Rangstreit, erst mit Worten, dann mit der That, die gewaffneten Ritter traten hervor und fochten; die Kirche glich einer Wahlstätte, das Blut floß stromweise zur Kirche hinaus

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 1. Nicolai, Berlin 1816, Seite 263. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V1_299.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)