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und in eine gewisse Kiste setzen, welche sie ihr zeigte. Die Dienstmagd vergaß das entweder oder dachte, es wäre gleichviel, ob sie die Milch vor oder nach dem Melken der anderen Kühe aufkochte, und that also erst ihre ganze Arbeit. Nachher nahm sie die siedende Milch vom Feuer und in der einen Hand den Topf haltend, mit der andern im Begriff, die bezeichnete Kiste zu öffnen, sah sie in dieser ein pechschwarz Kalb sitzen, das den Mund aufsperrte. Vor Schrecken goß sie die gesottene Milch in seinen Rachen und in selbem Augenblick floh das Kalb davon und steckte das ganze Haus in Brand. Die Frau wurde eingezogen und bekannte; ihren Brutpfenning haben die Bauern noch lange Zeit in der gemeinen Cassa aufbewahret.


87.
Wechselkind mit Ruthen gestrichen.
Prätorius Weltbeschr. I. 365. 366.

Im Jahr 1580. hat sich folgende wahrhaftige Geschichte begeben: nahe bei Breslau wohnet ein nahmhaftiger Edelmann, der hat im Sommer viel Heu und Grummet aufzumachen, dazu ihm seine Unterthanen fröhnen müssen. Unter diesen ward auch berufen eine Kindbetterin, so kaum acht Tage im Kindbett gelegen. Wie sie nun siehet, daß es der Junker haben wollte und sie sich nicht weigern kann, nimmt sie ihr Kind mit ihr hinaus, legt es auf ein Häuflein Gras, geht

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 1. Nicolai, Berlin 1816, Seite 144. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V1_180.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)