Seite:Deutsche Sagen (Grimm) V1 135.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Bernhard, weckte ihn und sprach: „steh auf, Glatzkopf, und führe dein Volk zusammen! die Grafschaft Winzenburg ist durch die Ermordung ihres Herrn ledig und verlassen, du kannst sie mit leichter Mühe unter deine Bothmäßigkeit bringen.“ Der Bischof stand auf, brachte sein Kriegs-Volk eilig zusammen, und besetzte und überzog damit die Grafschaft, so daß er sie, mit Einwilligung des Kaisers, auf ewig dem Stift Hildesheim einverleibte.

Die mündliche Sage erzählt noch eine andere, wahrscheinlich frühere Geschichte. Ein Graf von Winzenburg hatte zwei Söhne, die in Unfrieden lebten; um einen Streit wegen der Erbschaft abzuwenden, war mit dem Bischof zu Hildesheim festgemacht, daß derjenige mit der Grafschaft belehnt werden solle, welcher zuerst nach des Vaters Tod sich darum bei dem Bischof melden würde. Als nun der Graf starb, setzte sich der ältste Sohn gleich auf sein Pferd und ritt fort zum Bischof, der jüngste aber hatte kein Pferd und wußte nicht, wie er sich helfen sollte. Da trat Hütchen zu ihm und sprach: „ich will dir beistehen, schreib einen Brief an den Bischof und melde dich darin um Belehnung, er soll eher dort seyn, als dein Bruder auf seinem jagenden Pferd.“ Da schrieb er ihm den Brief und Hütchen nahm und trug ihn auf einem Wege, der über Gebürge und Wälder geradausging, nach Hildesheim, und war in einer halben Stunde schon da, lange eh der älteste herbeigeeilt kam und gewann also dem jüngsten das Land. Dieser Pfad ist

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 1. Nicolai, Berlin 1816, Seite 99. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V1_135.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)