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29.
Der Scherfenberger und der Zwerg.
Aus Ottokar von Horneck. Cap. 573–80. S. 539a.–544a.

Mainhard, Graf von Tirol, der auf Befehl des Kaisers Rudolf von Habsburg Steier und Kärnthen erobert hatte und zum Herzoge von Kärnthen ernannt war, lebte mit dem Grafen Ulrich von Heunburg in Fehde. Zu diesem schlug sich auch Wilhelm von Scherfenberg, treulos und undankbar gegen Mainhard. Hernach in dem Kampfe ward er vermißt und Conrad von Aufenstein, der für Mainhard gestritten hatte, suchte ihn auf.

Sie fanden aber den Scherfenberger im Sande liegen von einem Speer durchstochen und hatte er da sieben Wunden, doch nur eine Pein. Der Aufensteiner fragte ihn, ob er der Herr Wilhelm wäre. „Ja, und seyd Ihrs, der Aufensteiner, so stehet hernieder zu mir.“ Da sprach der Scherfenberger mit krankem Munde: „nehmt dieses Fingerlein; derweil es in eurer Gewalt ist, zerrinnet Euch Reichthum und weltliche Ehre nimmermehr;“ damit reichte er es ihm von der Hand. Indem kam auch Heinrich der Told geritten und hörte, daß es der Scherfenberger war, der da lag. „So ist es der, sprach er, welcher seine Treue an meinem Herrn gebrochen, das rächt nun Gott an ihm in dieser Stund.“ Ein Knecht mußte den todtwunden auf ein Pferd legen, aber er starb darauf. Da machte der Told, daß man ihn wieder herab legte, wo er vorher

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 1. Nicolai, Berlin 1816, Seite 34. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V1_070.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)