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J. Fölsche: Kettenschiffahrt auf der Elbe und auf der Seine. In: Deutsche Bauzeitung, 1. Jg. 1867, S. 306–307 und S. 314–316

Kettenschiffahrt auf der Elbe und auf der Seine.
(Quellen: „The Engineer“; Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, Heft 3 und 4, 1867.)
(Schluss.)

Es wird vоп Interesse sein, an einem anderen Beispiele zu zeigen, zu welcher Bedeutung die Ketten-Schleppschifffahrt unter günstigen Verhältnissen gelangen kann. Grössere Anwendung hat sie, obwohl schon im Jahre 1820 versucht, erst seit dem Jahre 1845 erfahren. Auf der Seine, wo gegenwärtig wohl die lebhafteste Touage betrieben wird, besteht sie erst seit 1853.

Unter ganz ähnlichen Verhältnissen wie in Magdeburg wurde in Paris ein Versuch mit einer Kette von 1/2 Meile Länge angestellt, die in der Seine versenkt wurde und eine Zeit lang für 2 Boote durch einen Theil der City, wo der Strom sehr reissend ist und das Treideln mit Pferden sich wegen der Konstruktion der Quais schwer ausführen lässt, im Gebrauch waren. Man hatte viel Schwierigkeiten zu überwinden, gelangte aber schliesslich zu einem guten Resultate und begann die Touage weiter auszudehnen. Es bildete sich eine Gesellschaft zu ihrer Einrichtung zwischen Conflans (an der Mündung der Oise) und Paris, einer Strecke von 10 Meilen Länge. Die Beschaffenheit des Flussbettes bietet hier wesentliche Vortheile; die Tiefen sind gleichmässig und das Bett des Flusses ist sandig und sehr regelmässig. Da die Seine überhaupt in einem vergleichsweise flachen Lande entspringt, so führt sie die Quantitäten Kies und Sand nicht mit sich, welche die auf den Alpengebieten entspringenden Ströme fortwälzen, und ist demzufolge auch den plötzlichen Fluthen nicht so unterworfen, wie die anderen Ströme Frankreichs. Alle diese Eigenschaften begünstigen die Kettenschiffahrt, zumal der Fluss ein so starkes Gefälle hat, dass die Schrauben- oder Räderdampfschiffe nicht mit Vortheil verwendet werden können. –

Kurz nach dem glücklichen Erfolge der Touage zwischen Conflans und Paris wurden Vorschläge zur Anwendung des Systemes auf anderen französischen Flüssen gemacht, aber keines der Projekte kam zur Reife, und es muss angenommen werden, dass die Seine der einzige Fluss Frankreichs ist, welcher sich für Schiffahrt mit versenkter Kette eignet. Die Anwendung der Kette auf der Rhône war ganz unmöglich, nicht allein wegen der vielfachen Krümmungen des Flusses, sondern auch wegen der Unregelmässigkeit seines Stromstriches. Die grossen Stein- und Sandbanken verändern sich mit jeder Fluth und an einzelnen Stellen würde die Kette auf hunderte von Fussen in einer Nacht durch Sand und Gerölle begraben werden.

Im Jahre 1856 wurde ein kaiserliches Dekret erlassen, welches die Anlegung einer Kette zwischen Lyon und St. Symphorien an der Saone gestattete, aber man stand von

Empfohlene Zitierweise:
J. Fölsche: Kettenschiffahrt auf der Elbe und auf der Seine. In: Deutsche Bauzeitung, 1. Jg. 1867, S. 306–307 und S. 314–316. Carl Beelitz, Berlin 1867, Seite 314. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Bauzeitung_1867_p314.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)