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ausgab, obgleich dieselben - ihre Berechtigung vorausgesetzt - im Gegentheil nur durch die Negation der seitherigen Philosophie, der Philosophie als Philosophie, zu erhalten sind. Eine näher eingehende Schilderung dieser Parthei behalten wir uns vor. Ihr Grundmangel lässt sich dahin reduziren: Sie glaubte, die Philosophie verwirklichen zu können, ohne sie aufzuheben.

Die Kritik der deutschen Staats- und Rechtsphilosophie, welche durch Hegel ihre konsequenteste, reichste und letzte Fassung erhalten hat, ist beides, sowohl die kritische Analyse des modernen Staats und der mit ihm zusammenhängenden Wirklichkeit, als auch die entschiedene Verneinung der ganzen bisherigen Weise des deutschen politischen und rechtlichen Bewusstseins, dessen vornehmster, universellster, zur Wissenschaft erhobener Ausdruck eben die spekulative Rechtsphilosophie selbst ist. War nur in Deutschland die spekulative Rechtsphilosophie möglich, dies abstrakte überschwängliche Denken des modernen Staats, dessen Wirklichkeit ein Jenseits bleibt, mag dies Jenseits auch nur jenseits des Rheins liegen: so war eben so sehr umgekehrt das deutsche vom wirklichen Menschen abstrahiren das Gedankenbild des modernen Staats nur möglich, weil und insofern der moderne Staat selbst vom wirklichen Menschen abstrahirt oder den ganzen Menschen auf eine nur imaginäre Weise befriedigt. Die Deutschen haben in der Politik gedacht, was die andern Völker gethan haben. Deutschland war ihr theoretisches Gewissen. Die Abstraktion und Ueberhebung seines Denkens hielt immer gleichen Schritt mit der Einseitigkeit und Untersetztheit ihrer Wirklichkeit. Wenn also der status quo des deutschen Staatswesens die Vollendung des ancien régime ausdrückt, die Vollendung des Pfahls im Fleische des modernen Staats, so drückt der status quo des deutschen Staatwissens die Unvollendung des modernen Staats aus, die Schadhaftigkeit seines Fleisches selbst.

Schon als entschiedner Widerpart der bisherigen Weise des deutschen politischen Bewusstseins, verläuft sich die Kritik der spekulativen Rechtsphilosophie nicht in sich selbst, sondern in Aufgaben, für deren Lösung es nur ein Mittel gibt: die Praxis.

Es fragt sich: Kann Deutschland zu einer Praxis à la hauteur des principes gelangen, d. h. zu einer Revolution, die es nicht nur auf das officielle Niveau der modernen Völker erhebt, sondern auf die menschliche Höhe, welche die nächste Zukunft dieser Völker sein wird.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Marx: Zur Kritik der Hegel’schen Rechtsphilosophie. In: Deutsch-Französische Jahrbücher, Paris: , 1844, Seite 78. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsch_Franz_Jahrb%C3%BCcher_(Ruge_Marx)_078.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)